Hamburg, 7. Dezember 2024 – Moses Pelham ist zurück – und das nicht, weil er jemals wirklich verschwunden wäre. Der 53-jährige Frankfurter hat in den letzten Jahren kontinuierlich neue Musik veröffentlicht, seine Band Glashaus bleibt erfolgreich, und sein Name ist nach wie vor in der deutschen Musiklandschaft fest verankert. Doch an diesem Abend in der ausverkauften Fabrik wird deutlich, dass Pelham eine letzte Runde dreht – möglicherweise das Ende seiner langen Karriere als Solokünstler markierend, aber keineswegs als Rückzug in den Hintergrund.
Die „Letzte Worte“-Tour ist vielleicht nicht sein Abschied, aber sie fühlt sich an wie ein würdiger Abschluss eines einzigartigen Kapitels. Die Bühne in der Fabrik ist vorbereitet, und Pelham kündigt immer wieder an, dass diese Tour möglicherweise die letzte seiner Karriere sein könnte. Trotz dieser Andeutungen, dass er sich von der Bühne verabschieden möchte, bleibt der Frankfurter Künstler in der besten Form, die man von ihm kennt – selbstbewusst, mit einem klaren, aber nicht überheblichen Auftreten. Der Abend beginnt mit dem Track „Der Anfang vom Ende“ seines neuen Albums „Letzte Worte“, das sich wie ein persönliches Manifest anfühlt – eine Art musikalischer Rückblick auf 35 Jahre im Geschäft, aber auch ein Blick in die Zukunft. Es ist ein symbolischer Auftakt, der den Fans in der ausverkauften Fabrik klarmacht: Pelham ist noch lange nicht zu Ende.
© Nordevents – Moses Pelham
Neben Moses Pelham selbst stehen auf der Bühne gleich mehrere talentierte Musiker, die ihm in den letzten Jahren treu zur Seite standen. Besonders erwähnenswert sind Cea3ar und Faiz Mangat, die nicht nur für die nötigen Beats und Riffs sorgen, sondern auch als starke Frontmänner gemeinsam mit Pelham auf der Bühne agieren. Während Mangat als DJ den Klangteppich legt, ist Cea3ar als zweiter Rapper und MC der Band die perfekte Ergänzung zu Pelham. Zusammen bilden sie ein dynamisches Duo, das die verschiedenen Facetten des abendfüllenden Programms abdeckt.
Pelham setzt bei dieser Tour auf eine musikalische Mischung, die über den klassischen Hip-Hop hinausgeht. Die Band besteht aus einer soliden vierköpfigen Rockformation, die mit kraftvollen Gitarren und groovigen Basslinien die Grundlage für die oft komplexen Arrangements von Pelhams Songs liefert. Dabei werden die gewohnten Elemente – wie Streichersamples und druckvolle Beats – geschickt mit eingängigen Rock- und Soul-Momenten kombiniert. Die Live-Performance ist eine wahre Demonstration der Vielseitigkeit der Band. Während Pelham das Rampenlicht mit seiner Präsenz und seinen Texten beherrscht, trägt Cea3ar als weiterer Rapper mit seinem eigenen Flow und starker Bühnenpräsenz zur Gesamtwirkung bei. Besonders bei energiegeladenen Songs wie „Höha“ oder „L´chaim Habibi“ wird das Zusammenspiel der beiden Rapper deutlich – sie ergänzen sich perfekt, während Pelham mit seinem bekannten, oft philosophischen Rappen und Cea3ar mit seinem lebendigeren, direkt „auf den Punkt“ gekommenen Stil für Abwechslung sorgt.
Pelham – der meister der selbstinszenierung
Moses Pelham ist und bleibt ein Meister der Selbstinszenierung. Das hat sich auch im Laufe der Jahre nicht geändert. In seinen Texten trägt er immer noch das Banner des „Härtesten“, „Krassesten“, „Geilsten“ – ein selbstbewusstes Bild, das er geschickt mit einer Spur von Messianismus verbindet. Bei älteren Songs wie „Höha, schnella, weita“ aus den Tagen des Rödelheim Hartreim Projekts bleibt er als Solokünstler im Vordergrund. Der Track, der noch 1996 als Teil seiner Band erschien, ist auch heute ein Highlight, das auf der Setlist nicht fehlen darf – auch wenn Pelham den Song quasi alleine aufführt und seinen damaligen Bandkollegen Thomas Hofmann nicht einmal erwähnt. Trotz dieses Selbstbewusstseins gelingt es Pelham, den Abend mit einer Mischung aus ernsten und humorvollen Momenten zu bereichern.
Zum Beispiel wird das Publikum mit einem Zitat von den Rodgau Monotones überrascht: „Erbarme’ – zu spät! Die Hesse komme’!“. Pelham zeigt sich hier als ein Künstler, der sich von den festen Grenzen des Rap-Gehabes befreit hat und bereit ist, auch mal locker zu bleiben – und das Publikum nimmt ihm das nicht übel. Der Abend wird von einer Reihe von kraftvollen Songs getragen, die nicht nur Pelhams musikalische Vergangenheit, sondern auch seine Weiterentwicklung widerspiegeln. Pelham verbindet seine Rap-Wurzeln mit einer ausgereiften, teils introspektiven Lyrik, die weit über die üblichen „Krass und geil“-Texte hinausgeht. Der tiefgründige Inhalt der Songs lässt Raum für Reflexion, ohne dabei die Energie und Dynamik zu verlieren, die die Band auf der Bühne entfaltet. In einem atemberaubenden Finale, bei dem Pelham, Cea3ar und die Band noch einmal alles aus sich herausholen, wird der Zuschauer daran erinnert, warum Pelham seit Jahrzehnten zu den bedeutendsten Künstlern des deutschen Hip-Hops gehört – und warum seine Musik auch weiterhin relevant bleibt.
Ein Ende, das keines ist
Fazit: Moses Pelham hat mit seiner „Letzte Worte“-Tour in Hamburg einmal mehr bewiesen, warum er nicht nur als Rapper, sondern auch als Produzent und musikalischer Visionär in der deutschen Musikgeschichte eine Schlüsselrolle spielt. Mit seiner Band, die aus Faiz Mangat, Cea3ar, der Soulsängerin Anna Grillmeier und den Bandmusikern um Ali Neander besteht, gelingt es ihm, ein beeindruckendes musikalisches Feuerwerk zu zünden. Während der Abend eine nostalgische Reise durch seine Karriere darstellt, zeigt Pelham auch, dass er keineswegs zum alten Eisen gehört – die Musik hat weiterhin die Wucht und Tiefe, die ihn zu einer Legende gemacht haben. Ob dies wirklich seine letzte Tour ist, bleibt möglicherweise offen, doch der Abend in der Fabrik hat eines klargemacht: Moses Pelham ist noch lange nicht am Ende seiner Reise.