Bremen – 03.10.2024 Gestern Abend war der Musiktower in Bremen Schauplatz des zweiten Konzerts von KUULTs Jubiläumstour „10 Jahre KUULT | 100% KUULT“. Die Band hat es erneut geschafft, das Publikum in ihren Bann zu ziehen – allerdings nicht ganz so intensiv, wie es viele Fans von früheren Konzerten gewohnt sind.
Während die Show insgesamt solide war, konnte man nicht übersehen, dass Sänger Chris Werner im Vergleich zu früheren Auftritten nicht dieselbe stimmliche Kraft und Intensität zeigte, die man von ihm gewohnt ist.
Besonders auffallend war der Unterschied zum Auftritt vor eineinhalb Jahren an gleicher Stelle. Diesmal fehlte es mir an der gewohnten Power in der Stimme, die sonst ein Markenzeichen der Live-Shows ist.
© Nordevents – KUULT
Der Abend startete schwungvoll mit dem Song Lila Wolken, der sofort das Publikum mitriss. Die Stimmung war von Anfang an ausgelassen, und die Band zeigte ihre gewohnte Spielfreude. Es folgten „Hakuna Matata“ und „Das mit uns„, doch bereits bei diesen Songs merkte man, dass die Performance dieses Mal etwas routinierter wirkte. Die Songs, die das breite Spektrum der letzten zehn Jahre Kuult widerspiegeln sollten, klangen an manchen Stellen wie „heruntergespielt“.
Ein entscheidender Punkt, der mir gestern fehlte, war die tiefere Verbindung zwischen den Songs und ihrer Entstehungsgeschichte. Bei der „Riesig Stark“-Tour 2023 überraschte der Sänger immer wieder mit persönlichen Anekdoten und ernsten Hintergrundgeschichten zu den Songs, was den Auftritten eine besondere emotionale Tiefe verlieh. Diesmal blieben die Erzählungen meist aus – stattdessen gab es humorvolle Bemerkungen, unter anderem seine Schwierigkeiten, sich die Setlist merken zu können. Der Abend wirkte dadurch eher wie eine unterhaltsame Pop-Show, weniger wie die gewohnte Mischung aus mitreißender Musik und nachdenklichen Momenten.
Ein solcher Moment hätte bei dem emotionalen Song „Nackt“ entstehen können. Als Chris Werner das Publikum bat, still zu sein, weil zunehmende Gespräche die intime Atmosphäre störten, wäre es eine perfekte Gelegenheit gewesen, die tiefere Bedeutung des Songs zu thematisieren. Stattdessen folgten eher saloppe Kommentare darüber, wie der Songtitel „Nackt“ wohl missverstanden wurde. Daher blieb in diesem Augenblick der emotionale Funke, der bei Kuult-Konzerten sonst so oft überspringt, leider aus.
Der Song selbst, eine sanfte Ballade, brachte das Publikum für einen Moment zum Innehalten, bevor die Stimmung wieder in die gewohnte Leichtigkeit überging.
Die Setlist des Abends umfasste eine bunte Mischung aus neuen und alten Songs: Nach Ohne dich und Anderen leben folgten Lichtjahre und So leicht. Bei Captain Drama und Wer will schon perfekt war die Stimmung wieder ausgelassener. Im weiteren Verlauf des Konzerts folgten Songs wie Unter die Haut, Flugmodus, und So wie du lachst, die das Publikum sichtlich genoss.
Auch die letzten Stücke des Abends wie Kinder der 90er, Gute Nacht wurden mit Begeisterung aufgenommen. Der Song „Ewig bleiben„, der gegen Ende des Abends gespielt wurde, markierte einen der emotionaleren Höhepunkte des Konzerts.
Und hier schaffte es Chris Werner, tiefer zu berühren. Er erklärte, dass er das Lied schrieb, weil sein Vater krank ist – und in diesem Moment kehrte etwas von der Ernsthaftigkeit und Emotionalität zurück, die mir an diesem Abend zuvor gefehlt hatte.
Der Text des Songs behandelt das Thema der Vergänglichkeit, aber auch die Bedeutung, die wir unserem Leben durch Beziehungen und Erfahrungen verleihen.
Zeilen wie „Ich will hier nicht ewig bleiben, ich will hier nicht ewig sein“ drücken die Unsicherheit über die verbleibende Zeit aus, gepaart mit dem Wunsch, diese sinnvoll zu nutzen – Hauptsache, die richtigen Menschen sind an unserer Seite. Der Song bringt diese tiefe Einsicht auf den Punkt: Es geht nicht um die Länge der Zeit, die uns bleibt, sondern um die Qualität und die Menschen, die unser Leben prägen.
Diese melancholische, aber zugleich hoffnungsvolle Botschaft des Songs fügte dem Konzert eine tiefere, nachdenkliche Ebene hinzu und gerade in diesem Song zeigte sich wieder, warum Kuult es immer wieder schafft, ihre Fans in eine emotionale Reise mitzunehmen: Die Mischung aus Melancholie und einer gewissen Akzeptanz des Lebens, wie es kommt, traf genau den Nerv des Publikums und erzeugte einen Gänsehautmoment.
Trotz der kleinen Enttäuschungen war das Publikum mehr als zufrieden, und die Spielfreude der Band blieb stets spürbar. Dennoch vermisste ich die persönliche Note, die Kuult in der Vergangenheit so einzigartig gemacht hat. Die Mischung aus Leichtigkeit und Tiefgang, die sonst so prägend ist!
Die Setlist mag gut gewesen sein, doch die emotionale Verbindung, die sonst zwischen Band und Publikum entsteht, blieb gestern einfach auf der Strecke.
Dennoch hat Kuult ohne Frage nach wie vor die Fähigkeit, das Publikum zu unterhalten und mitzureißen!