Bremen – Der 30. März 2025 war ein Abend, an dem Popgeschichte in Bremen spürbar wurde. Im Metropol Theater fand mit „One Night of MJ – The Tribute to the King of Pop“ eine Show statt, die keine bloße Nachahmung, sondern eine aufwendig inszenierte Würdigung der wohl einflussreichsten Popkarriere der Musikgeschichte war. Zwei Stunden lang bot das Ensemble eine ebenso präzise wie leidenschaftliche Hommage an Michael Jackson – und entführte das Publikum in eine Klangwelt, die vielen längst verloren schien.
© Nordevents – One Night of MJ
Präzision trifft Leidenschaft: Wendel Gama als Michael Jackson
Schon die ersten Minuten machten klar: Wendel Gama ist nicht einfach ein MJ-Doppelgänger. Seine Interpretation lebt von einer verblüffenden stimmlichen Nähe zum Original – aber auch von einer eigenen Bühnenpräsenz, die über bloßes Imitieren weit hinausgeht. Er verkörpert Jacksons Musik und Bewegungssprache mit einer Intensität, die das Publikum nicht nur überzeugte, sondern emotional mitriss. Gama schlüpfte nicht in eine Rolle – er verbeugte sich spürbar mit Respekt und Hingabe vor dem Werk eines Künstlers, dessen Schatten über der Popkultur bis heute sichtbar ist.
Ob bei „Man in the Mirror“, das er fast andächtig und ohne große Showeffekte vortrug, oder bei „The Way You Make Me Feel“, das mit Leichtigkeit und Charme daherkam – Gama verstand es, zwischen Pathos und Lockerheit zu wechseln, ohne je ins Künstliche abzurutschen. Selbst der Moonwalk, oft das Paradebeispiel eines schnell verpuffenden Showtricks, wurde bei ihm zu einem leisen Moment des Staunens.
Ein Original kehrt zurück: Jennifer Batten an der Gitarre
Ein Gänsehautmoment besonderer Art war der Auftritt von Jennifer Batten, die fast ein Jahrzehnt lang mit Michael Jackson auf den größten Bühnen der Welt stand. Ihre Rückkehr in die MJ-Welt geschieht nicht nostalgisch, sondern mit kraftvoller Gegenwart. Ihr Solo zu „Dirty Diana“ ließ keinen Zweifel daran, dass sie auch heute noch zur Elite der Rockgitarristinnen gehört. In einem von Lichtblitzen und einem wuchtigen Band-Sound dominierten Stück blieb ihre Performance das Zentrum – präzise, wild, kontrolliert.
Dass Batten nicht nur ein Relikt aus glorreichen Tourjahren ist, sondern musikalisch voll präsent, zeigte sich auch in „Beat It“, das sie mit satter Verzerrung und technischer Raffinesse auflud. Gama, Batten und die übrigen Musiker agierten dabei so selbstverständlich miteinander, dass die Show wie aus einem Guss wirkte.
Choreografie, Klang und Kostüm: Eine aufwendige Gesamtkomposition
Die visuelle Umsetzung war durchdacht bis ins Detail. Die Tanzcrew lieferte nicht einfach Schritte ab, sondern setzte emotionale Nuancen in Bewegung um. Bei „Smooth Criminal“ tanzten sie mit chirurgischer Präzision zu einer kühlen, fast cineastischen Inszenierung des Songs. Bei „Black or White“ hingegen sprühten sie vor Energie und ließen das Thema des Songs – Toleranz, Gleichwertigkeit – auch körperlich spürbar werden.
Das Bühnenbild selbst blieb angenehm flexibel: Ein LED-Backdrop, der mal minimalistisch, mal spektakulär eingesetzt wurde, unterstützte die Songs, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Besonders gelungen war die düstere Umsetzung von „Thriller“ mit tanzenden Untoten, Nebelmaschinen und choreografierter Bedrohung – eine Showsequenz, die das gesamte Theater in eine vibrierende Zwischenwelt versetzte.
Zwischen Neuinterpretation und Originaltreue
Musikalisch gelang der Show ein beachtliches Kunststück: Sie hielt sich nahe am Original, ohne in Nostalgie zu verfallen. Die Arrangements, gespielt von einer spielfreudigen Rockband und einem präzise eingesetzten Streicher- und Bläsersatz, ließen Klassiker wie „Earth Song“ oder „Leave Me Alone“ in einem frischen Licht erscheinen. Der orchestrale Unterbau hob die Komplexität der Songs hervor und verlieh ihnen stellenweise fast sinfonischen Charakter.
Dabei wurden nicht nur die großen Chart-Erfolge abgefeiert. Auch weniger häufig live interpretierte Stücke wie „They Don’t Care About Us“ oder „Stranger in Moscow“ fanden ihren Platz und erweiterten das Spektrum um jene dunkleren, nachdenklicheren Facetten von Jacksons Schaffen.
Publikum zwischen Ekstase und Ehrfurcht
Der Saal reagierte – wie man es selten sieht – synchron mit dem Bühnengeschehen. Anfangs noch beobachtend, stand spätestens bei „Billie Jean“ niemand mehr still. Hände wurden in die Luft geworfen, Refrains mitgesungen, Körper bewegten sich unweigerlich im Takt. Gleichzeitig blieb eine stille Achtung spürbar. Es wurde nicht bloß gefeiert – es wurde gewürdigt.
Fazit: Keine Kopie, sondern ein kraftvolles musikalisches Bekenntnis
„One Night of MJ“ ist keine Kulissenschieberei und auch kein nostalgisches Abhaken bekannter Nummern. Es ist eine leidenschaftlich gespielte, sorgfältig komponierte und hochprofessionell dargebotene Bühnenproduktion, die nicht nur Erinnerungen auffrischt, sondern das Werk eines Ausnahmekünstlers in die Gegenwart holt.
Für mehr als zwei Stunden war Bremen der Ort, an dem Michael Jacksons Musik nicht bloß reproduziert, sondern gelebt wurde. Wer dabei war, dürfte mit einem selten gewordenen Gefühl nach Hause gegangen sein: dass große Popmusik nicht einfach Vergangenheit ist – sondern immer wieder neu erlebt werden kann.