Buxtehude, 12. April 2025 – Wer an diesem Wochenende auf dem Estering war, hat erlebt, warum Rallycross einfach anders ist. Es war laut. Es war schnell. Es war staubig. Und es war der perfekte Startschuss für eine neue Saison der Deutschen Rallycross Meisterschaft (DRX), wie sie im Buche steht. Mit Fahrern aus neun Nationen, echten Racing-Legenden, hungrigen Youngstern und einer Atmosphäre, bei der selbst eingefleischte Motorsportfans nicht mehr aus dem Grinsen kamen, hat der AC Niederelbe geliefert. Und wie.
Feuer frei in der DRX1: Titelverteidiger Gurschler behält die Nerven
In der Topklasse DRX1 ging es gleich zum Auftakt ordentlich zur Sache. Titelverteidiger Werner Gurschler aus Südtirol ließ im rot-weißen Ford Fiesta keinen Zweifel aufkommen, dass er auch 2025 wieder ganz oben stehen will – doch das Feld war gespickt mit Hochkarätern: Jörg Jockel (Skoda Fabia) feierte sein Comeback, Jan Becker (Mitsubishi Lancer EVO5) zeigte keine Spur von Eingewöhnung, und Pierre Szallies (Renault Clio) aus der Lüneburger Heide bewies Mut und Tempo gleichermaßen. Mitten im Fight: der Österreicher Marc Schneider im Lancia Delta Integrale – ein Sound, der Gänsehaut machte – und Dietmar Brandt, mehrfacher deutscher Meister, der seinen Golf 6 R über die Strecke peitschte wie in besten Zeiten.
© Nordevents – DRX 2025
Lokalhelden und Legenden auf vertrautem Terrain
Auch abseits der Königsklasse wurde mächtig aufgedreht. In der DRX2 traf Ex-Meister Bastian Sichelschmidt im BMW M3 E30 auf harte Konkurrenz aus Norwegen, Belgien und den Niederlanden – und sorgte für spektakuläre Zweikämpfe auf Augenhöhe. In der DRX3 war es Tobias Ahlfeld, Clubfahrer des AC Niederelbe, der im Citroën Saxo für Begeisterung sorgte. Und Rückkehrer Lukas Ney brachte seinen Skoda Fabia mit Druck zurück auf die Strecke.
Die DRX4 war fest in norddeutscher Hand. Unter anderem mit den Beckdorfer Urgesteinen Ralph Wilhelm und Swen Grupe, aber auch mit dem Youngster Mats Jonas, der aktuell noch seinen Führerschein macht – aber auf dem Estering bereits einen 300 PS starken Ford Fiesta ST durch den Staub jagte. Mehr Racing-Mut geht kaum.
Crosscars auf dem Kopf, Nachwuchs ganz oben
Spektakulär wie eh und je: die Crosscars im ADAC XC Cup. Kleine Kisten, große Action. Insgesamt sieben Marken waren am Start, 16 Senioren und fünf Junioren machten die Strecke zur Arena. Einer der Crosscars überschlug sich sogar spektakulär und blieb auf dem Dach liegen – Fahrer unverletzt, Publikum mit offenem Mund. So muss das sein.
Und in den Nachwuchsklassen DRXN1 und DRXN2? Hier wurde ausgebildet, geschraubt, gekämpft. Zehn Jugendliche ab 14 Jahren zeigten, dass die Zukunft des Rallycross alles andere als langweilig wird – mit sauberen Manövern, cleverer Linienwahl und einer Portion Mut, die sich sehen lassen konnte.
Sonne, Schotter, Staub – und Fischbrötchen
Bei über 20 Grad und bestem Frühlingswetter war die Stimmung auf den Rängen entspannt, familiär – und mittendrin. Denn Rallycross bedeutet: Nähe. Zuschauer hatten Zugang zum Fahrerlager, konnten den Teams über die Schulter schauen, Mechanikerfragen stellen oder einfach nur den Geruch von Gummi und Benzin aufsaugen. Fürs leibliche Wohl war gesorgt: Fischbrötchen, Crêpes, Bratwurst, ein BBQ-Wagen, ein Eiswagen – und eine Trinkwasserstation, an dem kostenlosen Wasser ausgeschenkt wurde. Motorsport mit Verantwortung eben.
Doch die Hitze hatte auch ihre Schattenseite: Staub, Staub, Staub. Trotz engagierter Arbeit von Streufahrzeugen und Reinigungsteams wurden Zuschauer zeitweise regelrecht eingenebelt. Der Estering zeigte sich von seiner trockenen Seite – was für packende Bilder, aber auch schweißtreibende Bedingungen sorgte. Rallycross unplugged.
Neuer Promoter, neue Impulse
Mit dem ADAC Weser-Ems als neuem Promoter und Serienkoordinator Karsten Ney vom SC Cuxhaven an der Spitze weht frischer Wind durch die Serie. Die Regeln wurden vereinfacht, die Kommunikation modernisiert – und der Fokus liegt ganz klar auf der Jugend. „Ich bin Feuer und Flamme für meine neue Aufgabe“, so Ney. Und auch ACN-Vorsitzender Marcus Brassat sieht die Entwicklung positiv: „Wir haben viele neue junge Fahrerinnen und Fahrer – die Entwicklung geht in die richtige Richtung.“
Fazit: Der Estering hat geliefert
Der Saisonstart 2025 war alles, was man sich wünschen konnte: eng, schnell, laut – und vor allem authentisch. Der Estering bleibt das Herz des deutschen Rallycross und ist einmal mehr Bühne für echtes Racing ohne Schnickschnack. Wer jetzt noch nicht im Rallycross-Fieber ist, war am Wochenende entweder nicht da – oder stand zu nah an der Staubwand.