Von Hera Lind
Erscheinungstermin: 5. Edition am 02.05.2024
Genre: Roman, politisch-historische Gegenwartsliteratur
Einband: Flexibler Einband
Seitenzahl: 463 Seiten
ISBN: 978-3-4265283-8
Verlag: Knaur Taschenbuch Verlag
Inhalt/ Klappentext:
Eine wahre Liebesgeschichte aus der dunkelsten Zeit der DDR:
Bestseller-Autorin Hera Lind erzählt in ihrem Tatsachen-Roman »Zeit zu verzeihen« von einem unvorstellbaren Verrat, einer qualvollen Zeit im DDR-Gefängnis und von der Kraft wahrer Liebe.
Als sich Clara und Viktor im Sommer 1965 begegnen, wissen sie nicht, dass sie sich schon einmal als Kleinkinder an einem tragischen Ort begegnet sind, und jeweils nur dank ihrer unfassbar mutigen Mütter überlebt haben. Die beiden jungen Menschen spüren, dass sie ineinander die wahre Liebe gefunden haben. Doch jetzt gibt es Ost und West. Sie riskieren alles und wagen die Flucht aus der DDR. Sie mündet in einer unsagbaren Katastrophe: Claras wird denunziert und landet im berüchtigten Frauen-Gefängnis Hoheneck. Dort bringt sie ein paar Monate später unter fürchterlichen Umständen ihren Sohn zur Welt – und muss monatelang auf einem Lager aus Stroh auf dem nackten Betonboden um das Überleben ihres Babys kämpfen. Wortlos wird ihr das Kind schließlich weggenommen. Doch tief in Claras Herz ist die Kraft wahrer Liebe ungebrochen. Und Viktor hat sie all die Jahre nie aufgegeben …
Die wahre Geschichte von Clara und Viktor: Erschütternd und zu Herzen gehend lässt uns Bestseller-Autorin Hera Lind an einem Schicksal teilhaben, das in der Nachkriegszeit und später in der DDR Tausende getroffen hat.
Rezension:
Die Handlungsstränge in diesem Roman von Hera Lind sind aus Tagebucheinträgen Viktors, der in Ostpreußen geboren wurde, aber auch Briefen und Erlebnisberichten von ehemaligen DDR-Bürger:innen und eigener Recherchen der Autorin dargestellt.
Anfangs fällt bei diesem Roman die Verniedlichungsform, in langen Passagen von Rosa, Viktors Mutter auf. „rote Wängelchen“, „eiskalte Füsselchen“, „herziges Kindelchen“. All dies angeblich aus den Erinnerungen einer stand- und wehrhaften Frau, die ihre Kinder aus dem Grauen der Flucht aus Ostpreußen, gar eine Zeit lang im russisch besetzen Heimatdorf Warendorf bei Allenstein, ausharrt. Diese Spracheskapaden haben die Hauptprotagonisten nicht nötig, erinnert Hera Linds Schreibstil da doch einige Seiten lang an die früher beliebten „Mütterschicksale“ Groschenromane.
Viele von den Lesern haben noch Großeltern und Eltern, die von Flucht, Vertreibung, Mord und Willkür, Flüchtlingstrecks, verstorbene Angehörige und Kinder um 1945 erzählen. Nie hat eine dieser Personen in dieser Verniedlichungsform berichtet.
Der Roman zeigt die Erlebnisse von Personen auf, die sich alle schon einmal auf dem Allensteiner Bahnhof begegnet sind. Clara war zu dieser Zeit noch ein Säugling, ihre Mutter Barbara hat sie in einer Notsituation auf der Bahnhofstoilette zurückgelassen, ihr so das Leben gerettet. Barbara selbst wurde von russischen Soldaten in einen Zug nach Kasachstan gesetzt. Jahrzehntelange Zwangsarbeit steht ihr bevor. Den Frauen und Kindern wurde vorgegaukelt, dies sei der letzte Zug in den Westen.
Auch Rosa und ihre drei Söhne machen sich auf den Weg zum Allensteiner Bahnhof. Sie merkt im letzten Augenblick, dass der Zug in die falsche Richtung abfährt. Sie flüchten aus dem Zug. Rosa und ihre Kinder beobachten, dass zwei Frauen, Margit und ihre Tochter Elvira, den Säugling betreuen. Der damals 3-jährige Viktor will seine Mutter überreden, doch das kleine Baby mitzunehmen. Dies übersteigt jedoch bei weitem Rosas Kräfte. Clara reist mit Margit und Elvira, die zum Glück den Zug verpasst haben, auf dem Landweg nach Rügen.
Die verschiedenen Erzählsträngen sind immer mit den Ortsnamen und jeweiligen Tagesdatum überschrieben, somit kann man den Tagebucheinträgen und Tatsachenberichten gut folgen. Die Handlung umfasst einen Zeitraum von 80 Jahren.
Clara fühlt sich in der DDR nie richtig zu Hause, unterschwellig fühlt sie sich auch nie ihrer Adoptivfamilie zugehörig, lange Zeit weiß sie nicht, dass sie adoptiert wurde. Als junge Frau unternimmt sie einen Fluchtversuch, der aufgedeckt wird. Sie verbringt Jahre im berüchtigten DDR-Frauengefängnis Hoheneck.
Fazit:
Hera Lind hat auch mit diesem Roman einmal mehr historische Erinnerungen und emotionale Lebensgeschichten gut zusammengefasst und recherchiert. Die dunklen Seiten der Kriegs- und Nachkriegsjahre, sowie die Schicksale in der ehemaligen DDR, der Umgang mit Republikflüchtlingen, Kindesentzug und unmenschlichen Haftbedingungen um Menschen zu brechen. Aber auch das Leid der Zwangsarbeiter in den russischen Lagern, werden durch diesen Roman nicht vergessen.
Hera Lind stellt in einem Nachwort die Frage, ob die Protagonisten verzeihen können: „Zeit zu verzeihen“.
Das Buch lässt sich flüssig lesen, Punktabzug dieses Mal durch die Verniedlichungsform in dramatischen Lebenslagen, z.B. wenn der kleine Viktor und seine Brüder drohen zu erfrieren, das ist nicht authentisch und realistisch.
Autorin:
Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Seit einigen Jahren schreibt sie ausschließlich Tatsachenromane, ein Genre, das zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Mit diesen Romanen erobert sie immer wieder die Bestsellerlisten. Hera Lind lebt mit ihrem Mann in Salzburg, wo sie auch gemeinsam Schreibseminare geben.