TV SMITH: „Lockdown Holiday"
Wer bis heute von TV Smith nichts gehört hat schläft auch schon sehr lang auf seinen Ohren. Die unglaublich warmherzige Punklegende hat sich am 27.11.2020 mit dem neuen Album „Lockdown Holiday" zurückgemeldet, um uns diese schwere Zeit mit ein paar hoffnungsvollen, aber auch kritischen, Klängen etwas versüßt.
Begonnen wird mit „The Lucky Ones“, bei welchem TV in den Lyrics darauf hinweist, dass es uns schlussendlich doch gut geht und wir uns trotz all der Entbehrung als „The lucky ones“ sehen können. Mit „Bounce Back“ appelliert er an die Widerstandsfähigkeit eines jedes Individuums. Die ehrliche simple Kombination aus gehaltvollem Text und eingängigen akustischen Gitarrenriffs ist zwar nicht das, was man heute unter Punk versteht, doch TV verkörpert den „Ur-Punk“, der einfach aufstand und seine Meinung zur Situation musikalisch bearbeitete. Von jenen gibt es nicht mehr viele und im europäischen Raum fällt mir akut nur ein Vergleich mit Hans Söllner ein.
In „Artificial Flowers“ geht TV auf unsere doch schon sehr oberflächlich gewordene Gesellschaft ein und erinnert daran, dass es eine Zeit gab in der nicht jeder unbedingt 100% im Mittelpunkt stehen musste. Natürlich kommt unser post-faktisches Zeitalter auch nicht ohne Kritik davon, denn „Fake News“ kann TV verständlicher Weise nicht ausstehen. Auf Platz 5 findet sich „Lockdown Holiday“ und hier legt TV seine Ansicht über den Lockdown glasklar dar. Darauf folgt „Send in the clown“, welches schön keck darauf hinweist, dass es in düsteren Zeiten Menschen braucht die einen selbst ablenken, erfreuen, bei Laune halten.
Mit „The Race for the place“ und „Join the Mainstream“ bekommt die Leistungsgesellschaft und ihr Schwarz-Weiß-Denken richtig fein ihr Fett ab. Mit „Let`s go back to the good old days“ spricht TV die Verzweiflung vieler, zurück zum „Standard“ kommen zu wollen, an. Wenn man das doch schon etwas höhere Alter des Musikers bedenkt, klingt der Titel „I surf the second wave“ sehr zuversichtlich und zeigt, dass man die Zuversicht nie verlieren darf. Mit „Going nowhere fast“ liefert TV nicht nur einen entspannten Abschluss des Albums, sondern auch eine absolut gute Beschreibung des aktuellen Modus Operandi der Weltbevölkerung.
Fazit: TV hat schon früher sehr klar die aktuelle Lage in kritischen Liedern verarbeiten können und daran hat sich bis heute nichts geändert. Er ist wesentlich ruhiger geworden, jedoch um kein Stück unkritischer, wenn es darum geht sein Gedanken und Ansichten über ausgewählte Themen kund zu tun. Ich freue mich ein jedes Mal über Alben von TV, da ich selten so authentischen Old-School-Punk gehört habe und er einfach nicht damit aufhört. Alles in allem ist das Album textlich und musikalisch wieder einmal sehr fein gelungen und von mir gibt es 9/10 Punkten. Wenn er wieder wilder wird gibt es die vollen 10!
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