Von Gregor Eder
Jeder der behauptet, dass Rock`n`Roll tot ist, der kennt Lord Bishop Rocks nicht. Lord Bishop ist seit knapp 30 Jahren aus der Rock-Szene nicht mehr wegzudenken und glücklicherweise durfte ich mit ihm via Zoom über seine Arbeit und das neue Album „Tear Down The Empire“ sprechen.
Wie gewohnt schoss ich direkt mit einer Begrüßung los und fragte meinen Interviewpartner wie es ihm geht. Die Antwort fiel etwas länger aus: „Also die letzten Tage waren etwas verrückt. Wir starteten die Tour und nach der ersten Show brach unser Tourbus zusammen. Wir bekamen einen Mietbus, sodass wir die kommenden zwei Shows spielen konnten, doch dann bekam ich die Rechnung dafür. Also ja, ein etwas heftiger Start. Nachdem der Bus noch nicht repariert ist, musste ich auch noch einen Zug nehmen, um rechtzeitig zu diesem Interview zu erscheinen.“
Ich bedankte mich bei Lord Bishop, dass er einen derartigen Aufwand auf sich nahm, um mit mir das Gespräch führen zu können und legte direkt meine erste richtige Frage nach: „Nachdem du ja international viel arbeitest, würde mich interessieren, was du als Pro- und Kontra-Punkte an einer internationalen Produktion siehst?“
© Nordevents – Lord Bishop rocks in Cuxhaven
Lord Bishops Antwort ließ nicht lange auf sich warten: „Das Positive ist, dass du weißt, dass du dich hundertprozentig auf das, was du tust, konzentrieren musst. Du gehst ins Studio und weist, welche Magie du auf Band bannen willst, und dass du nur eine gewisse Zeitspanne dafür hast. Wenn ich daran denke, wie viel Zeit und Geld Axel Rose in „Chinese Democracy“ herein gesteckt hat und was dann schlussendlich dabei herauskam, dann finde ich das absolut unglaublich und für mich nicht praktikabel. Ich würde niemandem sagen, dass er so wie ich stressig und schnell arbeiten soll, aber ich glaube, man braucht für ein Rock-Album nicht mehr als ein paar Monate. Dann sollte man sich natürlich auch mit Leuten umgeben, die einen gut ergänzen und verstehen. Das ist im Grunde das Notwendigste.
Wenn wir jetzt über das aktuelle Album sprechen, dann muss ich sagen, dass wir es wirklich schnell im Kasten hatten, da insgesamt 4 Songs schon fertig waren. Die lagen sozusagen in der Ablage und wurden dann hervorgekramt. Das waren lustigerweise ein paar der besten Songs, wie beispielsweise „Oops Damn„, „Darkness„, „Pride“ und „By the way„, welche schon 2019 aufgenommen wurden. Wir hatten damals geplant das Album fertig zu stellen, doch dann kam dieses „Covid-Ding“ und so veröffentlichten wir es schlussendlich nicht. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich auch kein Album alleine veröffentlichen und hielt Ausschau nach einem Label, welches mit mir zusammenarbeiten würde. Dann kam alles zusammen, wie ich mit Tonzonen in Kontakt kam. Die gaben mir eine Deadline und so startete ich die Arbeit, fügte die Songs zusammen, involvierte ein paar wirkliche Koryphäen und im Endeffekt finde ich es wirklich magisch, was wir da auf die Füße gestellt haben. Viele sagen, dass es das beste Werk meines Lebens ist.“
Hier konnte ich Lord Bishop nur beipflichten, wenn ich auch hinzufügte, dass es wohl das beste Werk bis zum jetzigen Zeitpunkt ist. Da er schon ein paar Songs angesprochen hatte, stellte ich folgenden Frage: „Was ist deine bevorzugte Art und Weise Songs zu schreiben? In welcher Laune schreibst du deine Songs am liebsten?„
„Ich glaube, da gibt es kein wirkliches Rezept! Wenn ich zum Beispiel die Straße hinab gehe und etwas summe was mir gefällt, singe ich es oft direkt in mein Handy. Am nächsten Tag setze ich mich dann in mein Büro und spiele mit meiner Gitarre die Melodie nach. So schreibe ich meistens und ich mag es meine Kompositionen sehr simpel, aber auch ernst, zu halten. „Find my way home“ kam mir zum Beispiel einfach aus dem Nichts. Als ich dann den Chorus und den Vers hatte, welche sehr unterschiedlich waren, wusste ich, dass ich hier ein gutes und außergewöhnliches Fundament hatte. Schlussendlich zeigt dieser Song einerseits meine Stimmung, bringt ein gutes Thema und zeigt meine Einstellung die Gesellschaft betreffend. Solche Kompositionen fügen sich nicht sofort zusammen und brauchen etwas Zeit. Wenn nun jemand zu mir kommen würde und meint, dass das neue Album so gut läuft, dass ich direkt ein Neues machen sollte, dann müsste ich ablehnen, denn ich kann kein ganzes Album einfach so aus dem Ärmel beuteln. Ich produziere einen gewissen „Vibe“ und der kommt nicht, wenn man ihn erzwingen will.“ erklärte Lord Bishop.
„Ich produziere einen gewissen „Vibe“ und der kommt nicht, wenn man ihn erzwingen will.“
Lord Bishop (Lord Bishop Rocks)
Der von Lord Bishop erwähnte „Vibe“ lässt sich am besten nachvollziehen, wenn man sich seine ganze Diskografie ansieht. Er hat wirklich einen ganz eigenen Charme und vor allem seinen spezifischen Sound. Mit „Find my way home“ spricht er im Album auch eher sozialkritische Themen an und daher fragte ich: „Du schreckst ja nicht davor zurück soziale Missstände anzusprechen. Was würdest du sagen, wären aktuelle Brennpunkte mit welchen sich die Menschheit auseinandersetzen sollte?“.
Lord Bishop antwortete: „Aus meiner Sicht mit einer gewissen Falschheit. Uns wird erklärt, dass Demokratie sich aus der Freiheit der gemeinsamen Entscheidung zusammensetzt. Faktisch haben wir aber Parlamente, welche dazu gewählt werden, unsere Sklaventreiber zu sein. Ich bin kein Anarchist, aber Realist. Aus meiner Sicht ist Demokratie das Wichtigste. Wenn du beispielsweise die Frauen Amerikas über ihre eigene Körperautonomie abstimmen hättest lassen, dann hätten sie auf jeden Fall dafür gestimmt, selbst über ihren Körper bestimmen zu können. Nun hast du aber überalte Männer in der Regierung sitzen, welche wiederum darüber bestimmen, was die Frauen in ihrem Land mit ihrem Körper tun dürfen. Das ist ein Beispiel für falsche Demokratie.
Wenn man wirklich möchte, dass wir uns als Teil der großen Gesellschaft sehen, dann sollte man uns erlauben über solche Sachen selbst abzustimmen und nicht nur wählen zu dürfen, wer schlussendlich für uns abstimmt. In Amerika möchten viele Menschen etwas mehr Sicherheit, was Waffen betrifft, doch die Regierung, welche wiederum in verschiedensten Lobbys verstrickt ist, lässt das nicht zu. Oder wirf einen Blick nach Ungarn, wo Medien verboten werden und Zensur herrscht. Jedes Land sollte freie Meinungsäußerung haben. Das Problem mit dieser Situation ist, dass sobald du versuchst freie Meinungsäußerung zu verbieten, um das System zu manipulieren, jede Möglichkeit auf Demokratie vernichtet ist. Ich glaube, Musiker könnten heutzutage etwas mehr darüber zu sprechen und darauf aufmerksam machen, sodass mehr Menschen für die Befreiung von den Ketten der Regierungen kämpfen.“
Ich erklärte Lord Bishop, dass meine musikalischen Wurzeln im Punk liegen und ich daher schon immer versucht habe meine Meinung und Kritik über meine Musik zu äußern. Wir schweiften etwas ab und diskutierten etwas darüber, ob Musik politisch sein muss. Wir kamen zu dem Schluss, dass man als Musiker politisch sein kann, aber nicht muss. Am Ende waren wir uns aber auch einig, dass Musik gerade in politischen Sphären auch schon oft etwas bewegt hat.
Zum Abschluss sei Lord Bishop ein großer Dank für seine Zeit ausgesprochen und ich hoffe, dass man sich bei der nächsten Tour einmal über den Weg läuft. Falls ihr noch meine Meinung zum neuen Album wissen möchtet, dann findet ihr hier die dazugehörige –> Rezension.
Weitere Interviews: