Von Gregor Eder
Im Rahmen der Veröffentlichung der neuesten Auflage der „Pirates„-Serie von Visions of Atlantis, durfte ich mich mit Sänger Michele via Zoom zu einem Interview treffen. Die österreichische Band hat sich in den letzten Jahren sozusagen in der Welt des Symphonic-Metal zementiert und mit „Pirates II – Armada“ nun ihr 9. Studioalbum veröffentlicht.
Nach einer kurzen Begrüßung startete ich wie gewohnt mit der ersten Frage: „Die Einstiegsfrage ist sicherlich nicht gerade eine Einfache! Wie würdest du Visions of Atlantis jemanden vorstellen, der noch nie von der Band beziehungsweise dem Genre gehört hat?„
Michele antwortete ohne zu zögern: „Also Visions of Atlantis ist eine „Story-Telling“-Band. Wir sind Erzähler und verstehen uns als Barden im Piraten-Universum, welche über die unzähligen Geschichten dessen singen. Wir leben in einer Welt, in welcher alles so schnelllebig und intensiv ist, dass die Menschen selten die Zeit haben sich hinzusetzen, die Augen zu schließen und einfach zu träumen. Unser Ziel ist es, Menschen eine Stunde lang träumen zu lassen, wenn sie unser Album hören, oder auch 2 Stunden, sollten sie zu einem Konzert kommen. Wir haben uns für das Piraten-Universum entschieden, da Piraten Freigeister sind. Natürlich sind hier nicht die realen Piraten gemeint, sondern jene, die man aus Peter Pan oder Pirates of the Caribbean kennt.
Natürlich bewegen wir uns hier in einer etwas romantischen Version der Vorstellung von Piraten, aber damit sind wir wesentlich flexibler. Wenn man sich zum Beispiel Wikinger hernimmt, dann kann man über heldenhafte Krieger singen, oder über Schlachten im Namen eines Gottes. Wir haben uns dafür entschieden romantische Piraten zu sein, welche Freigeister sind und nach eigenen Regeln leben. Für das Genre Symphonic Metal haben wir uns entschieden, da es der naheliegendste Weg ist, die Härte des Heavy Metals, welche wir alle lieben und die Welt des kinematischen Soundtracks zu vereinen. Unsere Songs könnten als Soundtrack für Fantasy-Filme dienen, liefern aber dazu auch die deftigen Gitarren und mächtigen Drums, die man aus dem Metal-Genre gewohnt ist. Zusätzlich haben wir den Vorteil, dass wir mit Clementine und mir zwei Stimmen haben, was uns wesentlich mehr Möglichkeiten bei Arrangements bietet und so wird es niemals langweilig. Der Gesang wandelt sich also immer wieder und so bekommt man nicht immer dieselbe Stimmfarbe präsentiert.“
Fotocredit: Robert Eikelpoth – edit by Blake Armstrong
Ich glaube, mit dieser Antwort hat Michele die Frage bestens beantwortet. Ich konnte ihm hinsichtlich des letzten Arguments bezüglich des Gesangs nur zustimmen, da die Wechsel die gesamten Kompositionen noch einmal interessanter machen.
Da ich mich, durch meine Band „Die Donaupiraten“, auch als Pirat identifiziere, erklärte ich mich direkt solidarisch mit den Piraten von Visions of Atlantis. Michele lachte und meinte: „Siehst du! Es gibt so viele Piraten in Österreich, was sehr lustig ist, wenn man bedenkt, dass Österreich keinen Zugang zum Meer hat.“ Da hatte er vollkommen recht! Ich lachte und erklärte, dass Österreich zumindest vor knapp 200 Jahren eine Flotte unter der Führung von Admiral Wilhelm von Tegetthoff hatte.
Nach der kleinen Geschichtsstunde schoss ich direkt mit der nächsten Frage los: „Ihr habt ja nach dem Album „Wanderers“ direkt zu „Pirates“ gewechselt. Einerseits ist mir klarerweise der Themenwechsel aufgefallen, andererseits hat man auch einen klaren Unterschied in den Kompositionen wahrnehmen können. Wie kam es zu der Entscheidung, diesen Wechsel zu vollziehen?„
„Also „Wanderers“ war das erste Album, bei welchem ich mitgearbeitet habe. Vor mir startete die Sache mit Sigi und schlussendlich stabilisierte sich die Besetzung der Band mit mir. Mittlerweile bin ich ja länger in der Band, als es Siegfried war. Jedenfalls wechselte die Besetzung der Band vor der Jetzigen sehr, sehr oft. Daher befand sich die Band im konstanten Wechsel, abgesehen von Thomas und so spielten wir, als ich dazu kam, noch immer die Songs aus den vorherigen Alben. Wir spielten als Songs, welche wir nicht geschrieben und auch nicht aufgenommen hatten. So lag eine gewisse Verantwortung auf unseren Schulten, nämlich jene den Vorgängern gerecht zu werden. Einerseits hatten wir natürlich Respekt, vor dem was die Musiker geschaffen hatten, andererseits fühlte es sich nicht ganz richtig an, da wir etwas weniger emotionale Bindung zu den Songs, welche wir eben nicht selbst geschrieben haben, hatten. Für mich persönlich fühlte es sich etwas komisch an, da es für mich wirkte, als würde ich nun die Lorbeeren für etwas ernten, was ich nicht selbst geschaffen hatte. Durch diese Sachlage war es uns auch nicht möglich einfach von neu zu beginnen und zu meinen, dass das Neue jetzt der Stil von Visions of Atlantis ist.
In 2022 hatten wir das Gefühl, dass wir uns in der Besetzung vollends zusammengefunden haben und inzwischen keine weiteren Wechsel stattfinden würden. Wir sind wie eine Familie und bedeuten einander einfach alles. Wir haben Covid miteinander überstanden, wir haben miteinander geweint, gelacht, gestritten und uns versöhnt. Wir arbeiteten uns einfach zu einer Familie zusammen und fühlten uns bereit eine neue Ära einzuleiten, was wir dann mit „Pirates“ geschafft haben. Nun spielen wir nurmehr die Songs, die wir wirklich gemeinsam geschrieben habe und es ist wirklich wunderbar.“ erklärte Michele.
„Wir haben Covid miteinander überstanden, wir haben miteinander geweint, gelacht, gestritten und uns versöhnt. Wir arbeiteten uns einfach zu einer Familie zusammen und fühlten uns bereit eine neue Ära einzuleiten, was wir dann mit „Pirates“ geschafft haben. Nun spielen wir nurmehr die Songs die wir wirklich gemeinsam geschrieben habe und es ist wirklich wunderbar.“
Michele Guaitoli
Ich kenne Visions of Atlantis schon eine lange Zeit und verstand vollkommen, was Michele meinte. Es ist wirklich beeindruckend, mit welcher Wertschätzung die Band über die Jahre die Kompositionen von verschiedenen Mitgliedern zelebriert hat. Aber andererseits ist es auch schön zu hören, dass sich die Besetzung inzwischen vollends gefestigt hat und als starke Flotte die Bühnen dieser Welt erobert.
Nachdem wir den Zusammenhalt der Band klargestellt hatten, war es Zeit, dass ich einmal direkt auf das neue Album „Pirate II – Armada“ einging: „Wie waren nun die Arbeiten am neuen Album?“
„Es war wesentlich einfacher im Vergleich zu „Pirates„. Bei „Pirates“ war es klarerweise etwas schwieriger durch Covid, aber andererseits auch, weil es ein großer Schritt nach Vorne war, was die generelle Produktion angeht. Die Alben davor wurden in Österreich produziert und jene waren auch sehr gut, doch irgendwie auch komfortabel. Mit „Pirates“ wollten wir etwas aus dieser Komfortzone hinausgehen und einen Schritt weiter gehen. Wir holten uns einen neuen Produzenten, nahmen in verschiedenen Ländern auf und so war alles einfach neu und komplizierter. Mit „Pirates II – Armada“ hatten wir den Vorteil, dass wir die mit „Pirates“ aufgebaute Arbeitsweise wieder nutzen konnten und so verlief der Prozess wesentlich einfach als zuvor.“ meinte Michele.
Nach dieser Aussage war mir klar, warum das neue Album noch einmal etwas feiner klingt als sein Vorgänger. Zum Abschluss hatte ich noch eine etwas kritischere Frage an Michele: „Wie würdest du jemanden antworten, der fragt: „Ist „Pirates II – Armada“ nicht einfach ein Sequel?„“
Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: „Das ist eine gute Frage! Die Sache ist, dass es keine übergreifende Geschichte in „Pirates“ und „Pirates II“ gibt. Die Idee war weniger ein Sequel zu kreieren, sondern eher eine weitere Sammlung an Geschichten zu veröffentlichen. Man hat sozusagen 12 eigenständige Geschichten in „Pirates“ und nun haben wir nochmal 12 neue Geschichten mit „Pirates II“ draufgelegt. Es ist eigentlich wie eine Kurzgeschichtensammlung.“
Somit sollten Kritiker mit dieser Ansicht einmal ruhiggestellt sein! Michele und ich plauderten noch etwas bis unsere Interviewzeit vorbei war. Abschließend möchte ich mich bei Michelle nochmals für das sehr nette Interview bedanken und ich hoffe, dass sich die Wege unserer Piratenschiffe demnächst einmal kreuzen!
Euch da draußen sei „Pirates II – Armada“ wärmsten empfohlen! Hier findet ihr unsere –> Rezension dazu.
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1 Gedanke zu „Interview mit Michele Guaitoli von VISIONS OF ATLANTIS“
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