Göttingen, 14.04.2025 – Vor ein paar Jahren spielten sie noch in der Musa – jetzt stehen Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys in der großen Lokhalle in Göttingen. Trotzdem fühlt sich dieser Abend nicht an wie ein gewöhnlicher Auftritt in einer riesigen Halle, sondern eher wie ein ziemlich gut inszenierter Fiebertraum. Denn obwohl die Zeiten der kleinen Clubshows vorbei sind, ist das Gefühl geblieben. Das Gefühl von Nähe, von überdrehtem Charme, von echtem Kontakt zwischen Bühne und Publikum. Witz, Chaos mit System, eine Prise Kitsch – und natürlich: ein Haufen Konfetti.
Schon vor dem Konzertbeginn kochte die Stimmung. Die Boxen füllten sich mit den großen Klassikern des Italo-Schlagers und das Publikum stimmte lautstark mit ein – textsicher und voller Vorfreude. Als die Band dann endlich die Bühne betrat, war es, als ob die Lokhalle explodierte. Der erste Song setzte sofort den Ton – volle Energie, Konfetti regnete nieder und die Menge war von Anfang an voll dabei.
© Nordevents – Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys
Doch Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys liefern nicht einfach nur eine Show. Was auf den ersten Blick aussieht wie ein schrilles Spektakel, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als durchdachtes Gesamtkunstwerk. Zwischen den Songs erzählen sie skurrile, mal liebevoll absurde, mal fast berührende Geschichten. Es fühlt sich an wie eine Mischung aus Konzert, Theater und Satire – übertrieben, ikonisch, aber überraschend ehrlich. In diesen Momenten zeigt sich, dass hier nicht nur Musik gemacht wird, sondern ein Raum geöffnet wird für Fantasie, Eskapismus – und für ein Miteinander, das Haltung zeigt.
Eine Nacht zwischen Kitsch, Energie und echter Verbundenheit
Zwischen Glitzer, Euphorie und Trompetensolo ist klar: Diese Band hat etwas zu sagen. In einer deutlichen Ansage positionieren sie sich klar gegen Sexismus und Rassismus, für Inklusion, Respekt und Offenheit. Schlager ist für alle da. Der sogenannte Schlagerstrudel ist kein Wettbewerb und kein exklusiver Männerclub, sondern soll Platz für alle bieten. Dass diese Haltung nicht nur behauptet, sondern gelebt wird, zeigte sich auch direkt: Für zwei Songs verließen Roy und ein Teil der Band die Bühne und spielten von der Tribüne aus ganz nah bei den Fans. Danach ging Roy auf einen Rollstuhlfahrer zu, um ihm persönlich Hallo zu sagen – kein großer Moment für die Kameras, sondern eine stille, echte Geste der Aufmerksamkeit.
Später, als „Und wenn sie singt“ erklang, bat Roy das Publikum, sich in die Arme zu nehmen – ganz gleich, ob man sich kannte oder nicht. Es war eine Einladung, die sofort angenommen wurde. Überall in der Lokhalle sah man, wie sich Menschen in die Arme fielen, völlig ohne Scheu oder Zurückhaltung. Es war ein Moment, in dem die Musik eine Brücke schlug, die das Publikum noch näher zusammenbrachte – eine ehrliche Geste der Verbundenheit, die den ganzen Raum mit Wärme füllte.
Wie es sich für ein Roy-Bianco-Konzert gehört, endete der Abend mit einem besonderen Ritual: Am Ende wurde Konfetti in die Menge geworfen. Es war ein symbolischer Abschluss, der die Verbindung zwischen Band und Publikum noch einmal verstärkte und den Abend auf eine schöne Weise abrundete.
Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys schaffen das, was viele nicht mal versuchen: Sie verbinden Ironie mit Ernst, Eskapismus mit Haltung und Schlager mit echter Emotion. Die Show in der Lokhalle war überdreht, laut, bunt – aber eben auch voller Herz und Haltung.