Interview mit Dieter “Maschine” Birr

Laura Fatteicher

Von Laura Fatteicher

Dieter „Maschine“ Birr veröffentlichte am 22.03.2024 sein neues Album „Mein Weg“. Im Gepäck hat er neben fünf neuen Songs auch eine Reihe von unvergessenen Hits wie beispielsweise „Ikarus“, „Hiroshima“ und „Das Buch“, die neu eingespielt und eingesungen wurden. Der ehemalige Puhdys-Sänger, der erst kürzlich seinen 80. Geburtstag feierte, nahm uns im Interview mit auf eine kleine Zeitreise und erzählte unter anderem von seinem ersten Konzert im damaligen Westen und der einstigen Zusammenarbeit mit dem Rammstein-Sänger Till Lindemann.

Fotocredit: Chris Gonz

Dein neues Album „Mein Weg“ ist vor knapp einem Monat erschienen. Bist du zufrieden mit dem Feedback?

Maschine: Ja. Ich habe wirklich sehr positive Rückmeldungen aus meinem Umfeld bekommen, was ich zum Beispiel auf Facebook von Freunden so mitbekommen habe. Und auch die Presse hat durchweg positiv geschrieben.

Auf dem Album gibt es neben neuen Songs auch ein paar Klassiker aus den vergangenen Jahrzehnten im neuen Gewand. Du hast über die Jahre hunderte Songs geschrieben, warum hast du dich für genau diese 7 Songs entschieden?

Maschine: Die haben mir einfach persönlich gefallen und sie waren damals schon erfolgreich. Es sind ja nun 40 Jahre seit der Veröffentlichung von „Das Buch“ vergangen – die anderen sind sogar noch eher veröffentlicht worden. Ich fand, dass sie in die heutige Zeit gut reinpassen könnten. Und dann habe ich versucht, das Arrangement und den Sound so zu gestalten, dass es in die heutige Zeit passt.

Der Song “Hunderttausend Laienrichter” ist der lauteste auf der Platte und greift das Thema der Vorverurteilung von Menschen aufgrund medialer Berichterstattung auf. Hast du zu dem Song eine Reaktion von Till Lindemann bekommen?

Maschine: Nein, habe ich nicht. Das habe ich aber auch nicht unbedingt erwartet, denn es geht nicht nur um ihn. Klar, das war der letzte große Fall, aber ich habe da natürlich auch an Kachelmann gedacht, an Luke Mockridge oder an Andreas Türck – die alle vorverurteilt wurden und wo sich dann herausgestellt hat, dass da eben nichts dran war. Ich bin kein Moralapostel und will nicht urteilen, was sich da privat abspielt. Es geht doch darum, ob jemand im juristischen Sinne schuldig ist. Und wenn das nicht handfest bewiesen ist, finde ich, darf man damit nicht an die Öffentlichkeit gehen. Auf der anderen Seite ist es so, dass die Gesichter von Leuten, die wirklich verurteilt wurden, z. B. Mörder, in der Presse unkenntlich gemacht werden. Und das finde ich eigentlich sehr ungerecht. Ich finde es eigentlich gut, dass es so ist, aber das gleiche Recht muss auch für Prominente gelten.

Man vergisst leider, dass Prominente eben auch Gefühle haben. Selbst Lindemann, auch wenn er nach außen hin brutal wirkt. Ich kenne ihn ja, natürlich nicht so gut wie einen guten Freund, aber wir hatten mehrere Male zusammen zu tun. Er hat damals ja auch auf unserem Album „Wilder Frieden“ mitgesungen und ich habe ihn als ganz ruhigen Zeitgenossen erlebt.

„Man vergisst leider, dass Prominente eben auch Gefühle haben.“

Dieter „Maschine“ Birr

Wie ist denn damals überhaupt die Zusammenarbeit mit Till Lindemann zum Song “Wut will nicht sterben” zustande gekommen?

Maschine: Ich bin ein bekennender Rammstein-Fan und ich hatte ursprünglich die Idee, Flake zu fragen. Ich habe mir seine Nummer besorgt, ihn angerufen und gefragt, ob er sich vorstellen kann, bei dem Song mit seinen Keyboards was beizusteuern. Das wollte er dann auch machen, allerdings war sein Equipment da noch in Amerika und sollte irgendwann verschifft werden. Dann hat mich Till irgendwann wegen einer anderen Sache angerufen und dann dachte ich, ich frage ihn mal, ob er auch singen würde. Und er meinte: „Na klar, wenn mir die Nummer gefällt, machen wir das“. Dann kam er zu uns nach Hause, ich habe ihm die Nummer vorgespielt und er sagte sofort: „Ja, mache ich, gefällt mir“. Flake hat letztendlich nichts gespielt, dafür hat Till gesungen. Das war ganz unkompliziert.

Nicht so kompliziert wie die Veröffentlichung danach … (lacht)

Maschine: Ach ja, genau. Till wollte noch nicht mal Geld dafür haben. Wir sollten das aber möglichst nicht als Single herausbringen. Unsere Plattenfirma hat aber genau das gemacht und die Plattenfirma von Rammstein hat das dann natürlich mitbekommen und wollte dafür natürlich auch Geld haben. Unsere Plattenfirma fand das wahrscheinlich doch ein bisschen zu teuer und dann ist diese Single direkt nach einem Tag wieder vom Markt genommen worden. Angeblich wurden wohl 100 Stück davon verkauft. Dann habe ich seinen Part nochmal für das Album eingesungen.

Du hast in all den Jahren sicherlich viele bekannte Persönlichkeiten kennenlernen dürfen. Was war die interessanteste Begegnung?

Maschine: Interessant war auf jeden Fall Udo Lindenberg, als wir zum ersten Mal kommerziell „rüber“ gefahren sind. Da haben wir in Hamburg in der Fabrik gespielt. Diese hat durch Udo Lindenberg einen Namen gehabt, weil er dort einige Konzerte aufgezeichnet hat. Jedenfalls hat er mitbekommen, dass wir da spielen. Wir hatten am Tag vorher eine Pressekonferenz, wo er dann auch da war. Udo war sehr interessiert an der DDR-Szene und hat uns am nächsten Tag zu sich nach Hause eingeladen. Er hat uns sein damals aktuelles Album „Sister King Kong“ geschenkt – ein Album zum Aufklappen. Und das war natürlich was, als Ossis dieses Album zu haben. Da haben wir uns schon sehr gefreut.

Du bist jetzt schon viele Jahre im Musikbusiness. Was sind für dich die größten Unterschiede im Vergleich damals zu heute?

Maschine: Naja, heute ist es natürlich wesentlich schwerer – auf der anderen Seite auch einfacher, wenn man so will. Heute hat ja jeder die Möglichkeit, seine Musik irgendwie zu verbreiten. Da gibt es durch das Internet ganz viele Möglichkeiten. Die Leute können nun auch alle selber produzieren. Die Technik ist mittlerweile so gut geworden, dass man selbst von zu Hause schon richtig professionelle Aufnahmen machen kann. Auf der anderen Seite ist natürlich die Konkurrenz so viel größer, gerade was das Live-Geschäft angeht. Da muss man sich doch schon ein bisschen kümmern und Promotion machen, um so eine Hütte heutzutage vollzukriegen – also zumindest, wenn man noch am Anfang steht. Ansonsten kannst du heute natürlich über alles singen, was dich bedrückt – was aber vielleicht doch die große Masse gar nicht interessiert. Interessant war ja, wenn du als Ossi heimlich gesungen hättest „Die Mauer muss weg“ oder etwas in die Richtung. Aber wenn du sowieso alles sagen darfst, dann ist es nicht mehr so interessant. Und wenn du was sagst, dann muss es natürlich fundiert sein. Also nicht einfach nur eine Phrase in den Raum schmeißen und „dagegen sein“, sondern das muss dann eben auch intelligent verpackt sein. Früher war sowieso unter den Jugendlichen die Meinung, dass im Osten alles Scheiße war. Da hat man natürlich Resignation gespürt. Aber das war eigentlich nur ein Spruch, in Wirklichkeit war das gar nicht so schlimm. Durch die Wende wollte dann keiner mehr etwas aus dem Osten wissen. Wir hatten das Glück, dass wir alle unsere Fans behalten haben und es sind sogar noch mehr dazu gekommen. Ich bin aber zufrieden, wie es jetzt ist und ich will die DDR auch nicht mehr zurück haben.

Welchen Rat kannst du Musikern mit auf den Weg geben, die gerade noch ganz am Anfang stehen?

Maschine: Wenn jemand wirklich Musiker werden will und die Musik macht, die er fühlt und für richtig hält, dann kann ich nur sagen: durchhalten und machen. Man soll sich natürlich nicht von irgendwelchen Leuten reinreden lassen, denen es nur ums Geschäft geht. Trotz alledem sollte man einen guten Manager haben, denn Musikmachen alleine ist schön und gut, aber man will ja eventuell auch davon leben. Die meisten Musiker sind keine Geschäftsleute, die haben nur Musik im Kopf – ich auch. Da ist es gut, wenn man Leute hat, die Steuererklärungen, Versicherungen und alles, was damit zusammenhängt, für einen erledigen. Also das Wichtigste ist, das zu machen, woran man glaubt.

Du bist aktuell auch auf Tour. Was können die Zuschauer auf deinen Konzerten erwarten?

Maschine: Das Programm heißt „Maschine intim – Lieder für Generationen“. Ich trete im Duo mit Uwe Haßbecker auf, dem Gitarristen von Silly, ein super Musiker. Wir spielen den Leuten ein paar Lieder vor, in abgespeckter Version, aber nicht mit weniger Power. Das funktioniert richtig gut und die Leute sind begeistert und singen in der Regel alles mit – und rasten am Schluss streckenweise sogar aus. Mehr kann man sich da gar nicht wünschen.

Vielen Dank für das Gespräch. Wer diese Konzertreise nicht verpassen will, kann sich jetzt noch Tickets sichern: (https://dieter-maschine-birr.de/termine/)

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