Von Gregor Eder
Kommen wir heute einmal zu einem etwas anderen Interview! Den Fans des Krautrock und Experimental Rock dürfte der Name Damo Suzuki ein Begriff sein. Durch seine Arbeit mit Can wurde er in den 70ern bekannt, verließ die Band dann jedoch und schlug seinen ganz eigenen Weg ein. Sein Zugang zu Musik war ein ganz eigener, was sich durch sein Projekt Damo Suzuki Network zeigte. Er zog mit jenem durch die Lande und spielte einige Impro-Konzerte zu welchen er immer wieder verschiedene Musiker einlud. Der legendäre Krautrock-Pionier hat diese Erde leider am 09.02.2024 verlassen, doch sein Einfluss lebt in vielen Musikern weiter.
Einer dieser Musiker ist Raffael Lenz, welcher mit seiner Band Half Baked Cheese mit Damo konzertierte. Mitunter hat Raffael Lenz das letzte Konzert von Damo in Wien mit organisiert und aufgenommen. Um Damo noch einmal zu gedenken, trafen sich Raffael und ich via Zoom um über seine Erfahrungen mit dem Ausnahmemusiker zu plaudern.
Fotocredit: Raffael Lenz
Nach einer kleinen Begrüßung schoss ich Raffael direkt die erste Frage um die Ohren: „Ihr habt ja mit Damo gemeinsam in Wien gespielt und sogar ein Konzert aufgenommen. Wie kam es dazu, beziehungsweise wie sah das Ganze aus?“
„Ja wir haben mit Damo in Wien ein Konzert gespielt und grundsätzlich war bei Damo immer die Grundvoraussetzung, dass man sich vorab nicht abspricht und einfach gemeinsam, ohne davor zusammen gespielt zu haben, improvisierte Musik auf der Bühne erschafft. Damo hat seine Mitmusiker immer als „Sound-Carrier“ bezeichnet, also Personen die mit ihm den Sound übertragen. Auf seiner Visitenkarte stand sogar Sound-Carrier und Metaphysical-Transporter. Er hat eben sein Ding über Jahre hinweg, mit zig bekannten Musikern weltweit, durchgezogen. Er hat sich beispielsweise mit Mark Jenkins, der Band Now, oder Omar Rodrigues-Lopez die Bühne geteilt, wobei er auch mit CAN ein großer Einfluss für viele Musiker war. Selbst Bands wie Siouxsie and the Banshees, Joy Division, Ultravox oder Primal Scream haben ihn als direkte Inspiration angegeben.
Aber zurück zur Frage wie wir zu Damo gekommen sind. Ich bin schon sehr lange CAN-Fan, schon seitdem ich 16 war, wo noch niemand Krautrock wirklich großartig hörte in unseren Breitengraden. Ich hätte auch nie damit gerechnet einmal mit einem Mitglied aus dieser Band zusammen zu spielen, bis dann ein Freund von mir aus München, Lorenz Kainz welcher das Klangschutz Label führt, eben ein Konzert mit Damo veranstaltete, bei welchem ich als DJ auflegte. So lernte ich Damo bei dieser Veranstaltung kennen. Nachdem einmal seine Frau nicht bei einem Konzert teilnehmen konnte, durfte ich einspringen und mit Lorenz dann seine Stimme bei dem Event in Paris mit dem Spaceechoo verhallen. Im Zuge dessen kam dann die Idee auf, dass wir ja so ein Konzert auch in Wien aufziehen könnten. Nachdem wir gerade unsere Platte veröffentlicht hatten, kamen wir darauf, dass wir im Zuge der Veröffentlichung das Konzert mit Damo machen könnten und so war es dann auch.“ erklärte Raffael.
Speziell interessant fand ich das Grundkonstrukt der Damo Suzuki Network und daher fragte ich: „Wie hat es sich eigentlich angefühlt komplett unvorbereitet als Sound-Carrier mit Damo zu musizieren?“
Raffael meinte: „Also vollkommen ohne Konstrukt ist man schon sehr darauf angewiesen gut auf die Mitmusiker und das was rund um einen passiert konzentriert. Man fokussiert sich auf den Sound im Moment und muss sich darauf einlassen können. Am Anfang kann schon etwas das Gefühl aufkommen haltlos zu sein, doch wenn man dann in das Schaffen geht, ergibt sich irgendwann der Punkt an dem alle harmonisch im Jetzt sind. Genau dieses „Im Moment sein“ ist sozusagen der Idealzustand. Das Ziel ist also gemeinsam im Moment zu sein und alles rundherum zu vergessen, nicht zu wissen was als nächstes passiert und trotzdem gemeinsam zu sein.“
Ein wirklich interessanter Ansatz um Musik zu produzieren. Ich glaube, diese bewusst freie Herangehensweise ist nicht unbedingt jedermanns Sache, aber umso beeindruckender ist es, was Damo über die Jahre hinweg sozusagen aus dem Moment mit seinen Sound-Carriern geschaffen hat.
Natürlich interessierte mich auch wie der Großmeister selbst war und fragte daher: „Wie war Damo im Umgang und der Zusammenarbeit eigentlich?“
„Er war eher zurückhaltend. Es konnte schon einmal passiere, dass man ihm eine Frage stellte und keine Antwort erhielt und er war grundsätzlich eher ruhiger. Wenn er einen besser kannte, dann kam es öfter dazu, dass er aus dem Nähkästchen plauderte und einige interessante Geschichten erzählte. Beispielsweise sprach er gern über die Jahre in den 70ern, aber auch über verschiedene Erlebnisse, wie eine Nächtigungen bei Lemmy Kilmister in England. Mit den alten CAN-Sachen konnte er sich nicht mehr wirklich identifizieren und es war ihm sehr wichtig im Moment zu musizieren und das mit allen möglichen Musiker, egal wie bekannt. Aber lass mich nochmal neu beginnen. Damo war ein eher bescheidener Typ ohne Star-Allüren, welcher sich nicht viel darauf einbildete, was die Leute über ihn dachten und spontan das machte, was ihm gerade passte. Er hatte nicht das Bedürfnis dauernd im Spotlight zu stehen und Musik machen war einfach seine große Passion. Ein interessanter Fakt ist, dass er zurzeit in welcher wir zusammengearbeitet haben, so gut wie keine Musik mehr gehört hat. Es gab anscheinend einen Punkt, an dem er aufhörte Musik zu hören und sich mehr auf Geräusche, die Natur und die generelle Wahrnehmung fokussiert hat. Er schätzte die Ruhe und kommerzielle Musik hat ihn nicht mehr interessiert. Das Musizieren und im Moment im Sound aufzugehen war ihm wesentlich wichtiger.“ erzählte Raffael.
„Damo war ein eher bescheidener Typ ohne Star-Allüren, welcher sich nicht viel darauf einbildete was die Leute über ihn dachten und spontan das machte was ihm gerade passte.“
Raffael Lenz (Half Baked Cheese)
Zum Abschluss richtete ich meinen Fokus von Damo direkt auf Raffael und fragte: „Wie sieht es nun aktuell mit deinen musikalischen Projekten aus? Was gibt es Neues und auf was darf man sich jetzt schon freuen?“
Raffael antwortete wie aus der Pistole geschossen: „Also unsere nächste Veröffentlichung ist eine Metz-Session, welche sich gerade beim Mix und im Videoschnitt befindet. Nachdem wir diese Scheibe veröffentlicht haben werden wir sehen wie es mit Konzerten weitergeht. Letztes Jahr haben wir ja mit Half Baked Cheese unser 20 Jähriges Jubiläum gefeiert und von dieser Show wird es auch einen Live-Mitschnitt geben. Das ist also alles akut in der „Pipeline“! Von dem Konzert mit Damo gibt es auch einen Live-Mitschnitt, wobei wir damals eine eigene Film- und Sound-Recordingcrew hatten und die Qualität daher äußerst gut ist. Abgesehen davon handelt es sich bei der Aufnahme um das letzte vollkommen aufgenommene Konzert von Damo. Diese Produktion ist sozusagen auch noch in der Pipeline. Ich kann also nur sagen: „Stay tuned!““
Da bin ich ja gespannt was da noch so alles auf uns zukommen mag!
Abschließend möchte ich mich bei Raffael für dieses feine Interview bedanken und euch nicht nur Half Baked Cheese, sondern natürlich auch die Werke von Damo Suzuki ans Herz legen. Somit: Es lebe der KRAUTROCK!
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