Von Gregor Eder
Nach über 30 Jahren des Bestehens kann man die Band Garbage schon als Fixstern am Himmel des Alternative Rocks bezeichnen. Duke Erikson (Guitar/Keys), Steve Marker (Guitar), Butch Vig (Drums/Percussion) und Shirley Mansons sind eine eingespielte Truppe und am 30.05.2025 veröffentlicht jene ihr neuestes und somit 8. Studioalbum, welches „Let All That We Imagine Be Light“ getauft wurde.
Freudiger Weise durfte ich mich mit Shirley Manson via Zoom zu einem Interview treffen und etwas bezüglich des Albums und ein paar weiteren Themen ausfragen. Wie ihr es von mir gewohnt seid, fackelte ich nicht lange herum und schoss, direkt nach einer kurzen Vorstellung, meine erste Frage raus: „Ich habe auf Facebook gelesen, dass Steve meinte, dass das neue Album ein sehr Persönliches ist. Was würdest du sagen, ist für dich persönlich das Wichtigste auf diesem Album?“
Shirley antwortete etwas zögerlich: „Ich weiß nicht genau. Nach einer Zeit ist für mich jeder Song irgendwo sehr persönlich. Nachdem ich ja nun schon seit langer Zeit Musik mache und schreibe, versuche ich immer wieder besser in dem zu werden, was ich mache. Daher versuche ich mich immer zu „pushen“ und so ehrlich und authentisch wie möglich in meiner Arbeit zu sein. Für mich ist dieser Ansatz auch die treibende Kraft hinter allem, was ich kreiere. Natürlich arbeite ich hier nicht nur allein, sondern mit meiner geliebten Band, mit welcher ich jetzt schon eine lange Karriere haben durfte.
Ich habe das Glück, dass mir die Band auch die Möglichkeiten gibt, mich in meine Richtungen zu entwickeln. Als ich als junges Mädchen in die Band einstieg, fühlte ich mich als müsste ich der Band gerecht werden und ich wollte, dass meine Kollegen stolz auf mich sind. Als ich älter wurde, ich werde ja bald 60, wollte ich nicht mehr einer Gruppendynamik dienen, sondern mich selbst ausdrücken und ich glaube, ich funktioniere auch besser auf diese Weise.“
Ich verstand Shirleys Ansatz und ebenso den Zugang, dass eine Gruppendynamik auch davon profitiert, wenn sich die beteiligten Musiker auch vollends selbst verwirklichen können, in dem, was sie tun.
Shirley legte nach: „Ich sehe diese Selbstverwirklichung eben nicht als das Bedürfnis, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, sondern als Bereicherung für die Band selbst. Eine Band muss sich nach so vielen Jahren auch irgendwo entwickeln und ich glaube, wenn das nicht geschieht, dann bleibt man immer im selben Rad. Ich finde, es ist wichtig, dass sich Musiker weiterentwickeln und sich damit auch die Musik verändert.“

Fotocredit: Joseph Cultice
Hier konnte ich Shirley nur zustimmen, da ich eben gerade das Fehlen der Weiterentwicklung beim beispielsweise 10. Album einer Band immer wieder in meinen Rezensionen kritisch kommentiere.
Nachdem Shirley schon die Zeit erwähnt hatte, in welcher sie in die Band eingestiegen war, musste ich folgende Frage stellen: „Stimmt es, dass die Personen die dich damals kontaktiert haben, um dich für Garbage anzuwerben, dir erklärten, wer Butch Vig ist und du einmal in Nirvana`s „Nevermind“ Album hineinhören solltest?“
„Ja! Ich hatte damals absolut keine Ahnung, wer Butch Vig war. Ich kam aus einem Band-Background und hatte damals noch kein Interesse daran, wer Bands produzierte. Mich interessierten die Bands selbst. Als mich damals jemand anrief und meinte, dass der Produzent Butch Vig interessiert wäre, mit mir zu arbeiten, fragte ich mich wer diese Person war. Also ja, es ist wahr, dass ich damals keine Ahnung hatte.“: erklärte Shirley.
Nachdem wir das geklärt hatten, kam ich wieder zurück aufs Album und fragte „Wie lange habt ihr an der Scheibe gearbeitet und was ist generell das Wichtigste, wenn Garbage ein Album produziert?“
Shirley schoss direkt los: „Wir haben das Album in circa einem Jahr erarbeitet. Das Ganze geschah zu verschiedenen Zeiten, da wir ja auch noch auf Tour waren. Wir haben in „Zwei-Wochen-Blöcken“ gearbeitet, also 2 Wochen Studio, dann wieder Tour. Wenn du mich fragen würdest, wie viel Zeit wir nun genau im Studio verbracht haben, dann könnte ich keine klare Antwort geben. Alles, was ich weiß ist, dass ich kurz vor Beginn der Aufnahme eine Hüftoperation hatte und kurz bevor das Album fertig war, hatte ich eine weitere Operation. So kann ich das ganze zeitlich eingrenzen *lachen*. Wenn ich mich an die Entstehungszeit des Albums erinnere, dann habe ich hauptsächlich die Genesungszeit vor meinem geistigen Auge.“
Hier sieht man einmal wieder, dass das Musikerleben doch kein einfaches ist. Shirley meinte, auf meine Nachfrage, dass mittlerweile alles wieder so ist wie es sein sollte, es aber nicht einfach war während der Arbeit wieder, wortwörtlich, auf die Füße zu kommen. Wir sprachen auch noch kurz darüber, dass diese Umstände natürlich die Produktion des Albums etwas aufgewühlt hatte, doch die Band ihren Weg fand.
Da wir schon an dem Punkt waren, dass die Band, trotz verschiedenen Schwierigkeiten, immer zusammenhält, musste ich folgende Frage stellen: „Ihr seid ja bis heute in der Originalbesetzung unterwegs. Was ist der Schüssel zu einer derartig langen guten Kooperation als Band?“
„Natürlich weiß ich die Antwort auf diese Frage nicht, aber wir haben zum Beispiel Geld nie eine große Rolle in unserer gemeinsamen Arbeit gegeben. Ich glaube, dass das ein wichtiger Punkt ist. Wir sind absolut gleichberechtigt und Bands, in welchen es nicht so gehandhabt wird, trennen sich komischerweise meist schnell. Was aus meiner Sicht aber auch sehr wichtig ist, ist der gegenseitige Respekt.
Es ist wichtig, dass sich jeder gleichberechtigt und respektiert fühlt. Das würde ich grundsätzlich jeder jungen Band empfehlen. Bei uns ist es so, dass wir nicht nur eine Band sind, sondern uns auch irgendwo wie Familienmitglieder fühlen. Wir leben zwar alle unsere eigenen Leben, aber fühlen uns schlussendlich zusammengehörig und hatten eigentlich nie einen größeren Streit. Ich glaube emotionale Distanz, aber dann auch das Gefühl der Gemeinschaft, haben uns dorthin gebracht, wo wir jetzt sind. Hauptsächlich kommunizieren wir über Musik.“ erklärte Shirley.
„Wir sollten unsere Liebe wieder aktivieren und Abstand von all dem Hass und der Intoleranz nehmen.“
Shirley Manson (GARBAGE)
Ein wirklich interessanter Einblick in die Welt von Garbage! Nachdem das Cover des neuen Albums wirklich beeindruckend ist, stellte ich folgende Frage: „Wie kam es zu dem Albumcover, oder besser gesagt zum Oktopus?“
Shirley meinte: „Ganz genau weiß ich es nicht. Irgendwie hatte ich mir einmal die Band als Oktopus vorgestellt und auch unser Gruppenchat heißt „Oktopod“. Es war eigentlich nur ein Einfall, welcher dann aber immer wieder aufkam. Ursprünglich hatten wir auch die Idee, das Album „The Octopus“ zu nennen. Man kann das symbolisch auf die Band umlegen, denn wir teilen uns sozusagen einen großen Kopf, haben aber dann unsere eigenen Tentakel, welche sich in ganz unterschiedliche Richtungen strecken, aber sich auch kreuzen können. Für mich ist der Oktopus auch eine altehrwürdige Kreatur, welche sich in den mysteriösen Tiefen des Ozeans versteckt. Schlussendlich waren wir uns alle einig, dass der Oktopus einfach ein großartiges Symbol für unsere Band ist und so kam zu dem Cover.“
Natürlich durfte zum Abschluss meine gewohnte Frage nicht fehlen: „Hast du irgendeine Botschaft an die Leute da draußen, welche du über dieses Interview mitteilen möchtest?“
„Nein. Akut habe ich keine direkte Message, aber unser neues Album hat eine Bestimmte. Es geht darum, dass wir alle uns ganz schnell bei den Händen nehmen sollten und unsere Liebe wieder aktivieren, denn ich glaube, die alte Welt ist tot und wir haben nun eine Möglichkeit uns unsere Zukunft neu vorzustellen. Ich stelle mir eine Welt vor, welche netter ist und in welcher Menschen, egal welche Hautfarbe, Glaube oder Sexualität akzeptiert werden. Wir sollten unsere Liebe wieder aktivieren und Abstand von all dem Hass und der Intoleranz nehmen.“ erklärte Shirley.
Klarer hätte die Message des neuen Albums „Let All That We Imagine Be Light“ nicht sein können!
Das Gespräch mit Shirley war durchwegs interessant und ich möchte mich auf diesem Wege nochmals bei ihr bedanken, dass sie sich Zeit für dieses Interview genommen hat. Euch da draußen sei nurmehr das neue Album „Let All That We Imagine Be Light“! Unsere Rezension dazu findet ihr –> hier.