Hamburg, 13.03.2025 – Hubertus Koch ist ein Meister des Journalismus – unbequem, nah und ungeschönt. Als Journalist und preisgekrönter Reporter hat er Geschichten erzählt, die im Kopf bleiben und oft unbequem sind. Mit Lost Boy hat er sich nun einem neuen, sehr persönlichen Projekt gewidmet: seinem ersten Buch. Was man bei einer Lesung von Hubi Koch erwarten kann, ist dabei weit mehr als ein klassisches Vorlesen. Die Lesung zu Lost Boy ist ein multimediales Erlebnis, das die Grenzen zwischen Vortrag, Film und persönlicher Reflexion verwischt.
Ein Abend voller Reflexion und roher Ehrlichkeit
Schon zu Beginn der Lesung wird klar: Dies ist keine gewöhnliche Präsentation eines Buches. Hubi Koch steht nicht nur hinter einem Pult und liest Absätze vor – er inszeniert sein Werk. Es ist eine Art performativer Vortrag, bei dem die Lesung nahtlos in Filmausschnitte, Musik und O-Töne übergeht. Manchmal liest Koch leise und eindringlich, seine Stimme wird dann wieder schärfer und humorvoller. So entsteht eine fast theatrale Atmosphäre, in der die Worte eine eigene Dynamik entwickeln.
Der Abend gleicht einer Reise durch Kochs eigene Gedankenwelt. Er spricht offen über seinen Burnout, der ihn dazu brachte, alles hinter sich zu lassen und auf den Balkan zu fliehen. Er erzählt von langen Nächten voller Selbstzweifel und von der Sucht nach Leben, nach Momenten des Rausches und der Ablenkung. Aber er spricht auch über die dunklen Seiten der Medienwelt – über die Verwertungslogik und die Frage, was es bedeutet, authentisch zu berichten, während man sich selbst dabei verliert.

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Ehrlich und introspektiv, aber nie wehleidig
Was die Lesung besonders stark macht, ist die Balance zwischen Ehrlichkeit und Humor. Trotz der Schwere seiner Themen vermeidet Koch, in Selbstmitleid abzutauchen. Er nimmt sich selbst gerne auf die Schippe und kommentiert seine eigenen Fehler und Widersprüche mit einem Augenzwinkern. Dies ist ein Teil der persönlichen Reise, die er mit dem Publikum teilt – ein Prozess der Selbstreflexion und des Ausstellens seiner eigenen Dämonen, ohne sich von ihnen übermannen zu lassen.
Koch spricht über den medialen Druck, über den inneren Konflikt zwischen Authentizität und der Notwendigkeit, Geschichten „verkaufbar“ zu machen. Besonders faszinierend ist der Moment, als er in seiner Lesung die Frage stellt: „Wie viel von mir selbst gebe ich preis, und wie viel davon ist nur noch Content?“ Es ist eine Reflexion, die nicht nur auf die Medienbranche zutrifft, sondern die auch die Zuhörer dazu einlädt, über ihre eigenen Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Leben nachzudenken.
Eine multimediale Lesung als Erlebnis
Die Lesung ist nicht nur ein Vortrag – sie ist ein echtes Erlebnis, das mit einer Vielzahl an visuellen und auditiven Elementen arbeitet. Filmsequenzen und O-Töne aus Kochs Reportagen ergänzen die Lesung und machen die Geschichten noch lebendiger. In diesen Momenten wird klar, dass Lost Boy mehr ist als nur ein Buch. Es ist eine Reise durch eine turbulente, selbstkritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben und der Welt, die einen in all ihren Widersprüchen und Härten umgibt.
Diese Art der Lesung ist besonders beeindruckend, weil sie das Publikum nicht nur intellektuell, sondern auch emotional anspricht. Die Lesung wird zu einer Einladung, tief in die Gedankenwelt eines Autors einzutauchen, der mehr als nur Geschichten zu erzählen hat – er öffnet Türen zu seinen eigenen Ängsten, Kämpfen und Hoffnungen.
Fazit: Ein Pflichttermin für alle, die tiefere Einblicke suchen
Hubi Koch hat es geschafft, die Lesung von Lost Boy zu einem lebendigen, fast schon performativen Erlebnis zu machen. Wer seine Reportagen kennt, wird viele vertraute Themen wiedererkennen, doch hier gibt es keine journalistische Distanz. Stattdessen gibt Koch sehr persönliche Einblicke in sein eigenes Leben und seine eigene Zerrissenheit zwischen Karriere, Sucht und Selbstfindung.
Lost Boy ist kein Wohlfühlbuch – es ist ein schonungsloser Blick auf das Leben eines Menschen, der sich selbst verloren hat und nach einem Weg sucht, wieder zu sich zu finden. Und die Lesung ist kein gemütlicher Literaturabend. Sie fordert die Zuhörer heraus, sich mit den dunklen Seiten des Lebens auseinanderzusetzen und die eigene Komfortzone zu hinterfragen. Doch gerade das macht diese Lesung so faszinierend und wertvoll.
Wer sich für die dunklen, nachdenklichen und gleichzeitig humorvollen Seiten des Lebens interessiert, der sollte sich diese Lesung nicht entgehen lassen. Sie ist kein einfacher Abend, aber ein Abend, der zum Nachdenken anregt und einen bleibenden Eindruck hinterlässt.