Der Teufel ruft an – Ohrenfeindt on Tour

Christian Habeck

Bremen (25.04.2024) Das wurde aber auch mal wieder Zeit. Nach all den vergangenen Konzerten, die ich in den letzten Wochen und Monaten besuchen durfte, wurde es mal wieder deutlich Zeit für härtere Töne.

An das letzte Mal Pogo Tanzen und Headbangen kann ich mich nur noch schwach erinnern – muss wohl irgendwo auf dem Broilers Konzert in Hannover im September letzten Jahres gewesen sein. So musste also eine richtige musikalische Dampfwalze herhalten. Und wo besser hätte das stattfinden können, als im restlos ausverkauften „Meisenfrei“ in Bremens City?!

Bei den für Ende April viel zu kalten Temperaturen sollte es eine echt heiße Show mit bestem Roggenrohl von Ohrenfeindt werden! Und die drei Jungs aus St.Pauli sorgten erwartungsgemäß für ein unvergessliches Erlebnis! Der einzigartige Sound von Ohrenfeindt vereint klassischen Rock, Hard Rock und Blues Rock zu einem unverwechselbaren Mix.

Die Texte der Band zeugen von Humor und Direktheit und ihre Musik sprüht vor ungezügelter Energie des Rock’n’Rolls. Gelten sie nicht nur bei Insidern und Fans als eine der besten Live-Bands Deutschlands. Aber was zeichnet „eine der besten“ oder „die beste Live Band“ eigentlich aus? Ich weiß es tatsächlich selbst nicht. Aber ich habe diese Auszeichnung auch nicht vergeben. Was ich unterschreiben kann, ist, dass die Jungs alles geben, absolut authentisch sind und Rock’n’Roll vom Feinsten abliefern. Nahbar, das Publikum immer wieder in ihre Show einbeziehend, macht es einfach wahnsinnig Spaß der Musik zuzuhören und die Jungs performen zu sehen.

Leider habe ich verpasst den Warnhinweis zu fotografieren, aber am Eingang warnte ein Schild davor, dass dieses Konzert möglicherweise deutlich lauter als andere sein würde und empfahl Gehörschutz. Kann ich voll unterschreiben :-)

© Nordevents – Rauschflut

Aber Ohrenfeindt standen nicht allein da, denn als Support-Band rockte Rauschflut die Bühne! Diese Jungs stehen für handgemachte Rockmusik und liefern norddeutschen Brett-Rock vom Feinsten. Mit ihrer einzigartigen Mischung aus Rockmusik, tiefgründigen und humorvollen Texten sowie leidenschaftlichen Live-Performances brachten Rauschflut jede Menge Energie auf die Bühne und heizten den Laden so richtig ordentlich ein. Eine gute Dreiviertelstunde gehörte die Bühne und das Publikum ihnen. „Satellit“ „Lametta“ und „Der Albatros“ wurden ebenso textsicher vom Publikum geschmettert wie „Miststück“ und „Isso“. Nach insgesamt 10 Songs musste die Bühne dann für den Hauptact vorbereitet werden. Gerade Zeit genug, um sich durch das dichte Gedränge an die Theke zu schieben und neues Bier zu organisieren.

Nach dem mitreißenden Vorprogramm war das Publikum bereit für eine geballte Ladung Rock’n’Roll à la St. Pauli. Und genau das bekam es! Mit „Rakete“ und voller Power ging es los auf der „Roggenrohl“-Harley des Hamburger Trios. Es war ein intensives und energiegeladenes Set, das die Ohren förmlich explodieren ließ. Chris Laut am Gesang und Bass, Pierre „Keule“ Blesse an der Gitarre und Robert „Jöcky“ Jöcks am Schlagzeug, lieferten mit „Porschekiller„, „Motor an“ und „Rock’n’Roll Mädchen“ einen Hit nach dem anderen ab und brachten den Club zum Beben!

Und das ist genau das, was zählt. Denn die Band feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum mit geballter Hardcore-Präsenz. Mit dem gestrigen Konzert hat das Trio aus Hamburg erneut bewiesen, warum es zu den Besten gehört. Während andere Bands nach 25 Jahren langsam an Inspiration verlieren, legt Ohrenfeindt noch einen drauf. Garantierte energiegeladene Auftritte und der unverwechselbaren, rauchigen Stimme von Chris Laut, die an die von AC/DC’s Brian Johnson erinnert.

Mit dieser kraftvollen Stimme an der Spitze zeigten die toughen Rocker aus dem Norden erneut, was sie draufhaben. Sie schalteten sofort in den Krawallmodus und präsentierten einen Track nach dem anderen. Mit „Hallo, Frau Doktor“ verabreichten sie einem so kräftig die Riff-Spritze, dass man gar nicht mehr aufhören konnte zu wippen. „Das Geld liegt auf der Straße“ ließ zumindest von einem pralleren Geldbeutel träumen. Und bei „Du brauchst Rock“ sowie „Zum Rocken geboren“ bebten die Ohren, flogen die Metal-Zeichen in die Luft und klangen die Gläser an der Bar. Die Jungs vom Kiez feuerten aus allen Rohren, die ihre musikalische Harley unter dem Motor hatte. Die Riffs von „Keule“ knallten, Lauts Bässe pumpten bis ins Mark und „Jöckys“ Schlagzeugkünste machten das Trommelfell weich. Der Sound hält auch im 30. Bandjahr stand, das steht fest.

© Nordevents – Ohrenfeindt

Natürlich wurde auch kräftig gefeiert – sowohl musikalisch als auch real im Publikum, wenn der Vordermann immer wieder die Faust in die Luft reckte und dabei versehentlich seinen Nachbarn traf. Tja, um es mit den Worten der Band zu sagen „Auf die Fresse ist umsonst“. Aber Ärger oder Streit war gestern im Meisenfrei ein Fremdwort in der homogenen Fangemeinde, denn solche unabsichtlichen Zusammenstöße gehören einfach zu einem Ohrenfeindt-Konzert dazu.

Wer steckt hinter Ohrenfeindt?

In den dunklen Hallen von Hamburg formte sich im Dezember 1994 eine wilde Horde namens Ohrenfeindt. Chris Laut, der den Bass erzittern ließ, die Vocals befeuerte und die Mundharmonika zum Weinen brachte, war der Drahtzieher. Werner Bellersen hielt den Takt an den Drums, doch bald musste er für den Ruf der Arbeitswelt weichen. Tom Nevermann übernahm seine Position und brachte Uwe Seemann als Gitarrengott mit. Doch das Schicksal war gnadenlos, und schon bald zog Peters weiter.

1997 verließen Seemann und Nevermann die Band, und Torsten Rutz trat an die Gitarre, während Heiko Boettner die Schlagzeugfelle erzittern ließ. Doch auch Rutz verabschiedete sich bald, und Sven „Boogie“ Behrens übernahm seine Saiten. Im Schmelztiegel aus Lauts Bass, Behrens‘ Gitarre und Boettners Trommeln wurde im September 2003 das Debüt „Schmutzige Liebe“ im Studio von Sebastian Meyer (Pothead) eingefangen.

Ein neuer Wind fegte im September 2004 durch die Reihen, als Dennis Henning die Gitarre ergriff und Stefan Lehmann die Schlagzeugstöcke schwang. Zusammen mit Laut entfesselten sie das zweite Album „Rock’n’Roll Sexgott“ im Januar 2006 und frischten einige Stücke des Debüts auf. Der Song „Es wird Tag auf St. Pauli“ strahlte als Single aus.

Die Bühnen wurden größer, das Publikum lauter, als Ohrenfeindt auf Festivals und als Vorgruppe für Legenden wie Rose Tattoo, Popa Chubby und Die Toten Hosen rockte. Mit dem dritten Studioalbum „Mit Vollgas & Blaulicht“ und der Maxi „Fernweh“ im November 2007 stiegen sie weiter auf der Erfolgsleiter.

Die Live-Alben „Auf die Ohren“ (2008) und die folgenden Tour-Mitschnitte bewiesen ihre Ungezähmtheit, während sie im Studio an neuen Werken feilten. „Schwarz auf Weiss“ (2011) und „Auf die Fresse ist umsonst“ (2013) ließen die Charts erbeben, während die Band von Besetzungswechseln geplagt war.

Immer wieder stiegen neue Helden ein und verließen die Formation, aber Laut blieb stets der Kapitän des schaukelnden Schiffs. „Motor An!“ (2015) und „Zwei Fäuste für Rock’n’Roll“ (2017) brachten frischen Stoff für die Fans.

Mit dem Jubiläumsalbum „Halbzeit! – Lebenslänglich Rock’n’Roll“ (2019) feierten sie 25 Jahre Ohrenfeindt, während „Das Geld liegt auf der Strasse“ (2020) erneut die Charts eroberte.

Die Legende wächst weiter, und mit dem kommenden Werk „Wenn der Teufel anruft“ im Herbst 2024 versprechen Ohrenfeindt, die wilden Pfade des Rock’n’Roll weiter zu beschreiten. Lasst die Lautsprecher beben und die Herzen brennen, denn die Helden sind bereit für den nächsten Akt.

Wenn der Teufel anruft – so der Name des neuen Albums

Wenn der Ruf des Teufels ertönt, markiert dies das zehnte Album der Band um Frontmann Chris Laut. Es folgt auf „Das Geld liegt auf der Straße„, das 2020 veröffentlicht wurde. Zwischendurch brachten die Hamburger auch das Live-Album „Krawallgeigensymphonie heraus, das bis auf Platz 26 der deutschen Charts kletterte.

Die Band bezeichnet den neu veröffentlichten Song selbst als „Rock’n’Roll-Abrissbirne mit 170 Beats pro Minute, irgendwo zwischen Motörhead und AC/DC, zwischen Jugend und purer Lebensfreude. Im dazugehörigen Video fahren zwei Chevrolet Camaros in Comic-Optik durch die Nacht.

Auch wenn es bis zur Veröffentlichung des neuen Studioalbums noch etwas dauert, tourt das Trio bereits unter dem Albumtitel durch Deutschland: Insgesamt waren elf Konzerte angekündigt, darunter das No Playback Festival am 19. April 2024 in Remchingen, zwischen Karlsruhe und Pforzheim.

Verbleibende Termine derWenn der Teufel anruft“-Tour:
  • 27. April 2024 Viersen, Rockschicht
  • 24. Mai 2024 Donauwörth, Doubles Starclub
  • 25. Mai 2024 Schweinfurt, Stattbahnhof
  • 05. Juli 2024 Wittstock-Dosse, Wittstock Festival
  • 12. Juli 2024 Norderstedt, Match Börner Open Air
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