Seit 2017 sind Kettcar wieder in voller Stärke zurück und das Album „Ich vs. Wir“ wurde von den Fans dankend angenommen. Am 05.04.2024 war es so weit, dass nun das zweite Album seit der Rückkehr veröffentlicht wurde und es trägt den Namen „Gute Laune ungerecht verteilt„.
Satte 12 Songs wurden vorgelegt und mit genau jenen werden wir uns jetzt etwas auseinandersetzen. Vorab sei schon einmal gesagt, dass die Band definitiv keine Freunde von kurzen Liedtiteln ist und auch die Texte an sich wesentlich komplexer sind, als sie im ersten Moment wirken. Begonnen wird mit „Auch für mich 6.Stunde“ und dieser Song bringt einmal eine ganz eigene melancholische Stimmung auf.
Die Frage nach dem richtigen Weg in solch wirren Zeiten wird hier auf kritische Art gestellt, aber auch angesprochen, dass man die Hoffnung nicht aufgeben darf. Der Opener bringt auf jeden Fall einige Zeilen zum Nachdenken und die folgenden Songs zeigen sich diesbezüglich nicht weniger stark. Mit „München“ wird im Anschluss auf ganz eigene Art das Thema Rassismus aufgearbeitet.
Durch die Darlegung einer Geschichte zweier Freunde wird gezeigt, dass man selbst als in Deutschland geborener Mensch nicht vor Alltagsrassismus und auch anderen Formen der Diskriminierung gefeit ist. Die Instrumentalsektion zeigt sich hier eher ruhig, während der Text in Form von Sprechgesang vorgetragen wird, bis Chris Hell von Fjørt das Gesamte mit etwas melodischeren Klängen verfeinert.
„Doug & Florence“ folgt und bringt darauf eine Auseinandersetzung mit dem Thema Klassenkampf. Hier wird erklärt, dass eine Machtübernahme der Paketboten und Krankenpflegerinnen eine Klassenutopie ist. Nach dieser Ladung an kritischen Themen kommt mit „Rügen“ eine kleine Auflockerung inklusive der Botschaft „Alles wird besser“. Lange hält diese Positivität dann doch nicht an, denn mit „Kanye in Bayreuth“ und „Blaue Lagune, 21:45 Uhr“ wird es dann wieder etwas ernster.
„Wir betraten die Enterprise mit falschen Erwartungen„, „Einkaufen in Zeiten des Krieges“ und „Was wir sehen wollten“ zeigen sich hinsichtlich der Instrumentalsektion schön abwechslungsreich und textlich nicht minder komplex als die vorangegangenen Songs. „Bringt mich zu eurem Anführer“ zeigt sich etwas gar kryptisch, bevor „Zurück“ dann wieder klare Worte bringt.
Abgeschlossen wird das Album mit „Ein Brief meines 20-jährigen Ichs (Jedes Ideal ist ein Richter“ und wie man schon dem Titel entnehmen kann, handelt es sich hier um einen sehr persönlichen Song. Inhaltlich handelt es sich um eine Reflexion von Marcus Wiebusch in welcher er mit seinem jüngeren Ich ins Gericht geht. Ein wirklich intensiver und emotionaler Abschluss.
Fazit:
Kettcar schaffen es mit ihrer Musik in mir immer eine gewisse Nachdenklichkeit hervorzurufen. Das hat vermutlich mit den durchdachten Texten zu tun, welche derartig lebensnahe sind, dass man sich schnell damit identifizieren kann. Andererseits muss ich zugeben, dass mich die Menge an Text auch in einigen Songs einfach überrollt und es dadurch etwas schwer ist dem Inhalt zu folgen.
Nimmt man nun den Text weg und konzentriert sich rein auf das Instrumentale, dann wird mit „Gute Laune ungerecht verteilt“ wirklich abwechslungsreich zwischen Indie-Rock und Pop abgeliefert. Das gesamte Werk lässt sich schlussendlich als etwas schwere Kost bezeichnen, was einerseits für die Band spricht, da sie inhaltlich wirklich viel vermittelt, andererseits ist dies aber definitiv nicht jedermanns Sache. Daher vergebe ich 8 von 10 Punkten.
Tracklist
- Auch für mich 6. Stunde
- München
- Doug & Florence
- Rügen
- Kanye in Bayreuth
- Blaue Lagune, 21:45 Uhr
- Wir betraten die Enterprise mit falschen Erwartungen
- Einkaufen in Zeiten des Krieges
- Was wir sehen wollten
- Bringt mich zu eurem Anführer
- Zurück
- Ein Brief meines 20-jährigen Ichs (Jedes Ideal ist ein Richter)