Von Laura fatteicher
Voller Vorfreude sehen TYNA der Veröffentlichung ihres Debütalbums “PNK” am 22. März entgegen. Was 2019 noch eine One-Woman-Show von Musikerin Tina war, wurde in den letzten Jahren zu einem wilden Haufen unverbesserlicher Sturköpfe. Die Hamburger behandeln in ihren Songs Themen wie Rassismus, mentale Gesundheit und Empowerment gepaart mit einer ordentlichen Portion Punkrock und NDW. Sängerin Tina und Drummer David gaben uns im Interview einen Einblick in den Entstehungsprozess des Albums.
Fotocredit: Christoph Eisenmenger
Tina, du hast das Ganze ja quasi als Einzelkämpferin gestartet. Wann hast du den Entschluss gefasst, mehr Musiker mit ins Boot zu holen?
Tina: Um einmal in der Geschichte zurückzugehen: Ganz am Anfang, als ich das Projekt vor ein bisschen mehr als zehn Jahren gegründet habe, hatte ich noch drei Leute, die bei mir mitgespielt haben. Es war also für kurze Zeit ein Bandprojekt. Dann habe ich das ganz lange alleine gemacht und im Laufe der letzten – ich glaube vier Jahre – habe ich den Rest der jetzigen Band kennengelernt; also Murphy am Bass, David am Schlagzeug, Mia an der Gitarre und Freddy an den Keys. Ich glaube, manchmal muss man einfach die richtigen Leute finden, um dann zu entscheiden, dass es plötzlich ein Bandprojekt werden soll und man es gar nicht mehr alleine weitermachen soll. Dann war für mich klar, dass wir das alle zusammen machen. Und das habe ich bis jetzt auch keine Sekunde bereut.
Euch kam am Anfang ja auch direkt Corona in die Quere. Das war sicherlich kein leichter Anfang …
Tina: Ja, das war schon nicht so einfach. Aber ich würde sagen, dass wir die Zeit eigentlich ganz gut genutzt haben. Ich habe super viele Songs geschrieben und wir hatten glaube ich auch die ersten Proben.
David: Ich glaube, damals war das noch nicht so als Band-Konstellation fix geplant, aber es war im Gespräch, dass ich ein paar Live-Konzerte mitspiele. Ich erinnere mich noch, dass es im Januar/Februar 2020 immer mehr Dates wurden und ich dachte, das sieht ja nach einem ganz guten Live-Jahr aus. Alle dachten das. Und dann wurde Anfang März so nach und nach wieder Zeug abgesagt. Und irgendwann war klar, dass nichts mehr stattfinden wird. Aber wir hatten schon angefangen zu proben, um einfach mal ein bisschen miteinander warm zu werden und die Songs durchzugehen, die zu dem Zeitpunkt bereits da waren. Deswegen hat sich unsere Zusammenarbeit auch so ein bisschen verzögert. Durch Corona gab es halt nicht so viel Anlass.
Tina: Wenn man zusammen Musik macht und auch zusammen unterwegs ist, ist es ja auch das Zwischenmenschliche, was passen muss. Gerade wenn man sehr viel Zeit miteinander verbringt. Und das tun wir auch auf engstem Raum im Tourbus. Da sollte es auf keinen Fall so sein, dass man sich die Köpfe einschlagen will. Diese Probe hatten wir wegen Corona nicht, sondern erst danach.
Wie läuft allgemein der Songwriting-Prozess bei euch ab?
Tina: Sehr unterschiedlich. Bis wir jetzt offiziell eine Band wurden, war es so, dass ich sehr viel eingebracht habe, was ich geschrieben habe; auch mit anderen Leuten zusammen. Das hat sich aber alles angefangen, so im Laufe des letzten Jahres zu verändern. Das Album, das wir jetzt am 22. März rausbringen, ist so ein Mittelprozess. Da sind noch Songs, die ich bereits hatte, aber auch ganz viele, die wir jetzt zusammen geschrieben haben. Also wo zum Beispiel David Ideen hatte und die mitgebracht hat. Oder Freddy. Alle haben so ihre Zutaten in den Kochtopf geworfen.
David: In aller Regel kommt dann von einer Person irgendeine Idee, eine textliche oder manchmal ist es auch eine musikalische, die noch gar kein Thema hat. Bei mir war es so, dass ich ein, zwei Sachen dann grob zu Hause am Rechner aufgenommen habe. Das klingt dann alles noch ganz fürchterlich und man hofft, dass die anderen ein bisschen verstehen, was man damit meint. Man muss sich dann immer so ein paar Luftschlösser bauen. Je nachdem nehmen wir das dann auf und die Schnipsel laden in der Dropbox. Wir haben einen Ordner, der heißt Bastelstube. Da sind teilweise komplette Songs und teilweise nur zehn-sekündige Handy-Notizen. Dann hat eine Person, möglicherweise nicht mal die Person, die ursprünglich dabei war, sich das irgendwann gegriffen und einfach weitergemacht. Und dann haben wir uns das gegenseitig hin- und hergeschickt. Ein Song auf der neuen Platte (“Sorgen”) – den haben, glaube ich, Tina und Freddy zusammen geschrieben – hat mit Keyboard, Stimme und Drum-Machine angefangen. Dann habe ich mir den mal vorgenommen und ein paar Punk-Gitarren drauf gesetzt. Und ein paar ganz komische Chöre. Ich bin ja kein Sänger, aber ich habe mich dann getraut, weil ich die Idee irgendwie festhalten musste. Das war wahrscheinlich ganz anders, als wenn Freddy den alleine weitergeschrieben hätte. Am Ende bringen wir das alles zusammen, wenn wir dann im Studio sind. Und spätestens dann wird es zu so einem TYNA- Ding. So sind wir alle sehr involviert gewesen. Also es war sehr kollaborativ am Ende.
Tina: Das Spannende bei uns ist auch, dass wir alle aus unterschiedlichen Genres kommen. Wir haben schon viele Überschneidungen, aber es gibt auch viele Unterschiede und dadurch bringen alle so ihre Zutaten mit rein. Dadurch sind auch die Songs auf dem Album manchmal ein bisschen unterschiedlich.
Vielleicht waren diese ganzen Jahre da, damit ich mich ausprobieren konnte und um ein bisschen zu gucken, was ich machen will. Und nun ist dieses Projekt in dem Sinne vollständig, wo die richtige, endlich perfekte Band da ist.
Tina von TYNA
Warum hat euer Debütalbum so lange auf sich warten lassen?
Tina: Als wir entschieden haben, dass es jetzt ein Album geben wird, haben ganz viele Leute zu mir gesagt: “Ja, aber es gab doch schon ein Album?” Doch eigentlich gab es immer nur einzelne Songs und EPs. Und das hatte unterschiedliche Gründe. Also klar, wenn man alles alleine macht, muss halt irgendwie der finanzielle Rahmen passen, um ein Album aufzunehmen und das umzusetzen. Aber unabhängig davon hat sich das irgendwie für mich auch nie so angefühlt, dass ich ein Album machen will. Ich glaube, ich hatte auch gar nicht die Energie. Ein Album kostet ja viel mehr Energie. Man hat mehr Songs, man steckt noch viel mehr Arbeit rein. Das alles alleine zu stemmen, hätte ich mir vielleicht auch gar nicht zugetraut. Vielleicht waren diese ganzen Jahre da, damit ich mich ausprobieren konnte und um ein bisschen zu gucken, was ich machen will. Und nun ist dieses Projekt in dem Sinne vollständig, wo die richtige, endlich perfekte Band da ist. Deshalb auch dieses Debütalbum. Also vielleicht sollte es einfach so sein.
Der Titel eures neuen Albums ist “PNK”. Steht es für Pink, Punk oder doch was ganz anderes?
David: Das muss jeder für sich selbst so ein bisschen interpretieren. Ich glaube, ich sehe darin natürlich Punk und natürlich auch Pink. Es geht ein bisschen um den Punk-Spirit, sich von Grenzen zu befreien, ein bisschen antiautoritär zu sein. In dem Sinne, dass man sagt, ich mache mein Ding und das ist so irgendwie cool, ich mag mich und mache meine Sachen und gehe meinen Weg. Und das Album ist ja auch pink. Es soll auch ein bisschen Farbe bekennen, ein bisschen schrill sein, ein bisschen weird sein. Dieses Mindset steckt da sozusagen, für mich jedenfalls, drin. Ich glaube, wenn man das Album hört, dann kann man genau das darin wiederfinden. Aber wir wollten das offen lassen, damit die Deutung nicht abgeschlossen ist. Es ist ein bisschen wie bei einer Band, die wir alle ganz cool finden, die heißt „Kochkraft durch KMA“. Niemand weiß, wofür dieses “KMA” steht und damit spielen sie auch. Das ist wie ein Running Gag. So war das auch ein bisschen für mich. Jeder und jede soll für sich selbst sagen, was der Spirit von dem Album ist.
Habt ihr einen persönlichen Lieblingstitel auf der Platte, der euch besonders wichtig ist?
Tina: Also ich habe einen, da muss gar nicht lange nachdenken. Wir hatten gestern Bandprobe und da ist mir das auch nochmal klar geworden. Der Song wurde bislang nicht als Single veröffentlicht. Er heißt “Trotzdem Lieben”. Das ist so mein Favorit, weil er einfach eine ganz besondere Stimmung und Energie hat und ich mich sehr emotional in diesen Song reinfühle. Um die Geschichte ein bisschen zu erklären: Es geht um eine Beziehung, die zu Ende geht, in der man zwar noch zusammen ist, aber diesen Schritt sich zu trennen erstmal nicht geht. Der Song hat auch eine längere Reise hinter sich. Der klang am Anfang ganz anders und wir haben ihn im Studio letztes Jahr mit unserem Produzenten Flo umgebastelt. Als ich dann das Instrumental gehört habe, habe ich überlegt, wie ich jetzt die Melodie abändern würde, dass es besser dazu passt. Da hat es wirklich klick gemacht und ich wusste genau, was ich singen will. Das ist der Song, den ich am meisten von allen fühle und wo ich mich jetzt schon darauf freue, ihn bei jedem Konzert zu spielen.
David: Ich muss mal abwarten, bis wir alles live gespielt haben, denn Favorit auf Platte und Favorit live ist auch manchmal unterschiedlich. Aber ich mag “Sorgen” sehr gerne, den ich vorhin schon erwähnt habe. Ich finde er ist sehr verspielt geworden und hat etwas Indie-mäßiges, was ich gerne mag. Er hat vielleicht ein paar unerwartete Zutaten für einen im Kern doch recht punkigen Song. Das finde ich irgendwie cool.
Was wünscht ihr euch für die Zukunft in Bezug auf die Band?
Tina: Dass es einfach so weitergeht, wie es jetzt gerade läuft. Also neue Songs schreiben, neue Musik aufnehmen und einfach Konzerte spielen. Wir haben letztes Jahr sehr viele Konzerte gespielt und dieses Jahr werden wir mindestens genauso viele spielen. Ich freue mich umso mehr, wenn Leute da sind, die das auch hören wollen und da Bock drauf haben. Ich mache das, weil es mein Herzensprojekt ist. Und wenn man damit auch Menschen erreicht, ist es natürlich umso schöner.
Schließt du dich Tina an, David?
David: Ja, mehr Alben, mehr schreiben, mehr spielen, viel essen, mehr Alben. Zwischen dem Schreiben, bis das Album draußen ist, vergeht so viel Zeit: Das ist ganz verrückt. Ich denke die ganze Zeit an, alle haben es schon gehört. Ich bin sehr gespannt.
Tina: Es ist auch spannend, dann zu sehen, wenn das Album draußen ist, wie viele Menschen sich welche Songs wie oft anhören. Wir haben zwar unsere Favoriten, aber wir hören die Songs ja ganz anders, weil wir sie auch geschrieben haben und eine andere Bindung dazu haben. Welche Songs sind denn die, die andere Menschen so sehr feiern, womit wir vielleicht gar nicht gerechnet hätten? Da freue ich mich richtig doll drauf.
David: Ich bin sehr gespannt, was die Leute sagen zu den Songs und wie es live wird. Wir gehen im April und Mai auf PNK-Tour und spielen viele Shows und Festivals. Schaut gerne auf unserer Website, da findet ihr die Dates. Wir freuen uns auf euch!
Hier geht es zum neuen Studioalbum –> „PNK„.
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