Russ Ballard im Hamburger Gruenspan – Ein Abend zwischen Nostalgie und Rock-Power

Sascha Beckmann

Hamburg, 28.04.2025 – Wer am Montagabend im Gruenspan auf der Großen Freiheit war, fühlte sich nicht nur musikalisch um ein paar Jahrzehnte zurückversetzt. Russ Ballard, der britische Rockveteran und Songwriter-Gigant, bewies mit fast 80 Jahren, dass Classic Rock noch lange nicht zum alten Eisen gehört – auch wenn sich das Alter des Protagonisten an der einen oder anderen Stelle bemerkbar machte.

Begleitet von einer fünfköpfigen Band, die genauso klang, wie sie aussah – nämlich nach den 70ern –, startete Ballard eine Zeitreise durch seine beachtliche Karriere. Gitarrist Roly Jones und Bassist PJ Phillips lieferten im echten Rock’n’Roll-Stil nicht nur satte Riffs, sondern auch die passende Haarpracht: schulterlang und wild – genau wie es sein muss bei einem Konzert dieser Art. Das Publikum? Zum Großteil im gleichen Stil gereift. Die langen Mähnen mögen grauer geworden sein, aber sie wippten zu Klassikern wie „Since You’ve Been Gone“ oder „New York Groove“ noch immer im Takt.

© NordeventsRuss Ballard

Soundtechnisch war der Abend ein Fest für Fans des analogen Rocks: wuchtige Drums, röhrende Gitarren und ein Keyboard, das nicht nur als Klangteppich diente, sondern sich mit ein paar clever platzierten Soli ins Rampenlicht spielte. Die Verstärker-Türme auf der Bühne ließen keinen Zweifel daran, worum es hier ging: Druck, Drive und der Geist einer Ära, in der Gitarrenduelle und ausgedehnte Soloparts Standard waren. Die Setlist bot genau das, was die Fans hören wollten – von alten Hits seiner Solo-Karriere bis zu Stücken aus seiner Zeit bei Argent. Songs wie „God Gave Rock And Roll To You“ sorgten für kollektives Mitsingen, während neuere Titel wie „Resurrection“ zeigten, dass Ballard auch heute noch etwas zu sagen hat – musikalisch wie inhaltlich.

EIN Abend voller ehrlicher Rockmusik

Und ja, man merkte dem Mann an, dass fast acht Jahrzehnte nicht spurlos an der Stimme vorbeigehen. Einige hohe Töne blieben auf der Strecke, und die Energie früherer Jahre ist nicht mehr ganz dieselbe. Doch das tat der Stimmung keinen Abbruch. Wer mit 79 Jahren noch mit solcher Spielfreude auf der Bühne steht, verdient eher Bewunderung als Kritik.

Unterm Strich war es ein mitreißender Abend voller ehrlicher Rockmusik, getragen von einem Musiker, der auch im hohen Alter seine Leidenschaft lebt. Der Gruenspan war zwar nicht ausverkauft, eher zur Hälfte gefüllt, aber wer da war, ging mit leuchtenden Augen und klingelnden Ohren nach Hause. Und wahrscheinlich auch mit dem Gedanken: Rock’n’Roll lebt – solange Leute wie Russ Ballard ihn auf der Bühne feiern.


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