Interview mit ROBIN CAMPBELL von UB40

Gregor Eder

Von Gregor Eder

Man mag es fast nicht glauben, aber seit sage und schreibe 45 Jahren versorgt uns die legendäre Band UB40 mit einer feinen Mischung aus Reggae, Pop und Dub. Zur Feier dieses Geburtstages hat die Band ihr neues Album „UB45“ genannt und dankenswerterweise durfte ich mit Gitarristen und Sänger Robin Campbell via Zoom zu einem Interview treffen.

Nach einer kurzen Begrüßung startete ich wie gewohnt mit meiner ersten Frage: „Wie war die Arbeit am neuen Album im Generellen und im Speziellem hinsichtlich der Überarbeitung der alten Hits?“

Robin meinte: „Also, der Hauptgrund warum wir überhaupt die älteren Songs, die Fan-Favoriten, noch einmal aufgenommen haben war, dass wir ja seit ein paar Jahren einen neuen Sänger, Matt Doyle, haben. Viele Fans kamen auf uns zu und meinten, dass er die alten Hits wirklich unglaublich gut singt und viele davon wurden ja schon aufgenommen, bevor er überhaupt geboren war. Er ist mit diesen Songs aufgewachsen und hat sie schon als Kind gesungen, als er am Rücksitz des Autos seines Vaters saß. Er liebt unsere Musik also schon von klein auf und wir wollten nun auch den Menschen, welche es noch nicht zu unseren Konzerten mit ihm geschafft haben zeigen, wie gut er die Hits drauf hat. Natürlich haben wir auch neue Songs auf dem Album, was wiederum den Rest der Band motiviert und interessiert hält. Neue Musik zu machen hält uns enthusiastisch und Matt ist sowieso vollends dahinter. Es war fantastisch, da er direkt mit 2 neuen Songs zu uns kam und sein Stil ist vollkommen im Einklang mit dem, was wir schon immer getan haben. Er fügt sich einfach wirklich wunderbar in unsere Gruppe. Das neue Album ist ja nicht nur etwas Neues, sondern zusätzlich unsere Jubiläumsplatte. Daher fanden wir es nur richtig hier die Klassiker und die neuen Songs zu vereinen.“

Fotocredit: Richard Purvis

Ich erklärte Robin, dass ich, durch einige Interviews, die ich während meiner Recherche zum Interview fand, davon ausgegangen war, dass das Album eine Mixtur aus „Sänger-Präsentation“ und Jubiläum ist. Mitunter hatte Robin einen Teil meiner kommenden Frage schon beantwortet, aber ich hakte noch etwas nach: „Du hattest ja schon gesagt, dass sich Matt gut in die Gruppe gefügt hat, aber wie sah das im Konkreten aus? Kam er mit viel Studioerfahrung wie ihr sie hattet ?“

„Er hatte nun nicht enorm viel Studioerfahrung, aber wir trafen ihn ja ursprünglich mit seiner Band KIOKO. Bei einem Award-Event spielte er mit KIOKO einen unserer Songs als „Tribute“ und wir kamen danach ins Gespräch. Schlussendlich luden wir KIOKO dazu ein, uns auf der damaligen Tour als Vorband zu unterstützen. Sie spielten mit uns 40 Konzerte in England und um die 40 weitere in Europa, daher kannten wir uns nach dieser Zeit sehr gut und daher wussten wir welch brillanter Sänger Matt ist. Unser letztes Album war ja ein Kooperationsalbum und bei einem der Songs hatten wir uns Matt eingeladen. Ich stand mit ihm bei den Aufnahmen im Studio und dachte mir, dass dieser Junge einfach unglaublich gut ist und seine Stimme bestens zu unserer Musik passt. Mein Bruder Duncan sang zu diesem Zeitpunkt noch bei uns, doch schon damals dachte ich mir, dass Matt der perfekte Sänger wäre, sollte sich Duncan entscheiden einmal nicht mehr bei uns singen zu wollen. Traurigerweise erlitt mein Bruder, nicht lange, nachdem ich vorigen Gedanken hatte, einen Schlaganfall. Daraufhin entschied er sich klarerweise in den Ruhestand zu gehen und ich dachte keine Sekunde darüber nach, welchen Sänger wir nun kontaktieren sollten und meldete mich direkt bei Matt. So taten wir dies und er fügte sich einfach sehr gut und schnell in die Gruppe. Natürlich hatte er zu Beginn etwas Angst und war nervös, da er auch irgendwo mit seinen Idolen sang. Mitunter hatte er auch die Sorge, dass die Fans ihn nicht annehmen würden, was eine verständliche Angst ist. Aber diese Sorge verflog sehr schnell durch die Aufnahmen, die wir gemacht haben und die Konzerte die wir gespielt haben. Ich bin mir sicher er weiß jetzt, dass er zu uns passt und gehört“: erklärte Robin.

„Wir vertrauen uns gegenseitig bei allem was wir tun und es gibt nicht wirklich die eine Person die bestimmt oder Entscheidungen trifft. Jeder hat seinen Part und wir erlauben uns gegenseitig in unseren „Räumen“ uns auszuleben. Das macht ja auch irgendwo eine gute Band aus, dass man sich gegenseitig vertraut.“

Robin Campbell (UB40)

Es war schön zu hören, dass der Sängerwechsel so nahtlos und gut von statten ging. Da UB40 nicht nur für ihren feinen Klang, sondern auch für ihre nicht gerade unpolitischen Texte bekannt sind, stellte ich folgende Frage: „Vor kurzem habe ich ein Interview mit dir gesehen in welchem du meintest, dass UB40 eine musikalische Seite und eine politische Seite hat. Nun würde mich interessieren, was beim Songwriting zuerst kommt? Gibt es zuerst die Musik und dann einen kritischen Text, oder umgekehrt? Oder passiert gar beides gleichzeitig?“

Robin erklärte: „Also keiner in der Band ließt oder schreibt Musik. Wir machen unsere Musik, indem wir zusammen „jammen“. Wir sitzen im Studio und spielen miteinander und so entsteht die Musik rein durch direktes gemeinsames Spielen. Daher kommt meist du Musik zuerst und dann der Text. Wenn wir einen Song mögen, dann nehmen wir ihn auf und arbeiten daran weiter. Wenn wir dann ein Album machen haben wir über 30 Backingtracks welche wir genauer aussortieren. Klarerweise schaffen es nicht alle davon auf das Album. Wenn nun ein Bandmitglied mit einem Text ins Studio kommt, dann probieren wir aus über welchen Backingtrack die Zeilen am besten passen. Wir arbeiten generell immer so, wenn auch der Prozess ein etwas langer ist. Da jedes Mitglied der Band natürlich an der Musik arbeitet kommt es auch oft dazu, dass derjenige der mit einer Text-Idee kommt, auch eine Vorstellung hat zu welchem Backingtrack der Text passen könnte. Wir vertrauen einander bei allem, was wir tun und es gibt nicht wirklich die eine Person, die bestimmt oder Entscheidungen trifft. Jeder hat seinen Part und wir erlauben einander in unseren „Räumen“ uns auszuleben. Das macht ja auch irgendwo eine gute Band aus, dass man sich gegenseitig vertraut. Wenn man solch eine Zusammenarbeit nicht hat, dann wird die Band nicht lange bestehen.“

Hier konnte ich Robin nur beipflichten, denn wie soll etwas Harmonisches entstehen, wenn unter den „Kreierenden“ keine Harmonie herrscht. Nachdem ich die politische Seite der Band schon angesprochen hatte, stellte ich zum Abschluss folgende Frage:“ Welche Songs auf dem neuen Album würdest du als eher politisch einstufen?“

„Also der Opener namens „Home“ beschäftigt sich mit dem Problem, welches Immigranten haben, wenn sie in ein neues Land kommen. Sie werden schnell schlecht behandelt und müssen sich mit Rassismus, Bigotterie und Ignoranz zwangsweise auseinandersetzen. All das sorgt dafür, dass sich Neuankömmlinge nicht wohl und aufgenommen fühlen. Es ist wirklich traurig, dass sich die Situation diesbezüglich noch immer nicht geändert hat. Diese rechte Propaganda, welche uns Angst vor Anderen macht, ist ja darauf ausgelegt von den wichtigen Themen abzulenken. Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir als Band uns mit diesem Thema auseinandersetzten. Man tendiert ja generell dazu sich über dieselben Themen aufzuregen, aber die Aufgabe, speziell in der Musik, ist, dass man die immer gleichen Argumente anders verpackt und neu formuliert. Jedenfalls hat Matt diesen Song geschrieben. Jimmy hat den Song „Fool Me Once“ geschrieben und jener wirkt eher wie ein Liebeslied, doch eigentlich geht es in dem Song um all die Konservativen, welche Boris Johnson gewählt haben. Einem unaufmerksamen Hörer fällt so etwas nicht auf, aber wir verbauen immer wieder gerne solch indirekte Nachrichten. Aber wie ich vorhin schon gesagt habe, geht es oft einfach darum, dieselbe Kritik in neuem Gewand zu präsentieren.“ meinte Robin.

Genau auf diese versteckten Nachrichten hatte ich es bei dieser Frage abgesehen. Hinsichtlich der Aufgabe, Kritik immer wieder neu zu verpacken, weil die zu kritisierenden Themen nicht verschwinden, konnte ich Robin nur recht geben.

Abschließend möchte ich mich noch einmal bei Robin Campbell für das interessante Gespräch bedanken und euch da draußen das Album „UB45“ wärmstens empfehlen, denn Robin hat nicht untertrieben, wenn es um die stimmliche Begabung von Matt Doyle geht! Abgesehen davon sind und bleiben UB40 eine unvergleichliche Truppe.

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